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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 26.04.2010 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/R60-09 |
Rechtsgrundlage: | AVR.DW.EKD n. F. Übergangsregelung zu § 12, Anlage 1 EGr 7 und 8, Anm. 14 – schwierige Aufgaben |
Vorinstanzen: | Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2 M 119/08 |
Schlagworte: | Eingruppierung Krankenpflegerin in der alternspsychiatrischen Abteilung einer Klinik |
Leitsatz:
Der Umstand, dass sich die Tätigkeit einer Krankenpflegerin in einer psychotherapeutischen Abteilung einer Klinik vollzieht. reicht für sich allein nicht aus, um auf eine schwierige Aufgabe i.S. der EGr 8 Teil A Nr. 1Buchst. a i. V. m. Anm. 14 AVR.DW.EKD schließen zu können.
Tenor:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen, 2. Kammer in Münster (Westf.) vom 19. Juni 2009 - Az.: 2 M 119/08 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau A in Entgeltgruppe 7 Teil A Nummer 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD hat.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten aus Anlass der ab 1. Juli 2007 in Kraft getretenen Neufassung der AVR.DW.EKD über die Eingruppierung der als Krankenschwester mit 32 Wochenstunden Arbeitszeit angestellten Frau A. Sie ist seit dem 1. Januar 1996 in einer Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, in deren Abteilung (Station) 3 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt den AVR.DW.EKD.
Die vollstationäre Abteilung (Station) 3 hat den Schwerpunkt „Alternspsychotherapie“. Dort werden Patienten mit depressiven Erkrankungen, Angststörungen, sozialen Phobien, schweren Persönlichkeitsstörungen, Zwangsstörungen, dissoziativen Persönlichkeitsstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, narzistischen Persönlichkeitsstörungen, Schmerzstörungen, Somatisierungsstörungen, schweren und mittelgradigen depressiven Episoden und Panikattacken behandelt. In der Abteilung (Station) 3 arbeiten sieben ausgebildete Krankenschwestern als sogenanntes Team; drei von ihnen haben Zusatzqualifikationen wie Traumazentrierte Fachbegleiterin und –betreuerin, Aromapflege, Grundkurs Familientherapie und Genogramme, Lehrerin für Qigong, Ernährungsberatung durchlaufen. Die Stationspflegeleitung obliegt einer Krankenschwester mit den Zusatzqualifikationen Traumazentrierte Fachbegleiterin und –betreuerin und Entspannungspädagogin. Frau A weist keine derartige Zusatzqualifikation auf; sie hat die Aufgabe der stellvertretenden Stationspflegeleiterin. Die Stellvertretung ist als Verhinderungsvertretung organisiert. Entsprechend dem Pflegekonzept werden jedem Mitglied des in der Station 3 tätigen Pflegeteams vier bis sechs Patienten zur besonderen Betreuung anvertraut.
Regelmäßig finden in der Klinik interne wöchentliche Fortbildungsveranstaltungen von 1 ½ Stunden Dauer statt. Die Fortbildungen befassten sich mit unterschiedlichsten Aspekten der stationären Behandlung der Patienten. Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Dienststellenleitung im Termin am 19. Juni 2009 vorgelegten Fortbildungsplan für das erste Halbjahr 2009 Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hält die Eingruppierung der Krankenschwester Frau A in EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD n. F. für zutreffend und hat dementsprechend die Mitarbeitervertretung angehört. Die Mitarbeitvertretung hält dagegen die Eingruppierung in EGr 8 für richtig. Die von der Mitarbeitervertretung beantragte Erörterung blieb erfolglos.
Darauf rief die Dienststellenleitung die Schichtungsstelle an. Sie meint, die Tätigkeit der Frau A sei vielfältig anders, als die in allgemeinen Krankenhäusern, entspräche aber noch dem Regelbeispiel „Krankenpflegerin“ in EGr 7. Insbesondere sei die Tätigkeit der Frau A nicht mit der einer „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ (Richtbeispiel zu EGr 8) gleichzusetzen. Frau A habe auch keine schwierigen Aufgaben i.S. der auch in EGr 8 vorausgesetzten Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu erfüllen. Zwar nehme auch Frau A an den regelmäßig in der Klinik stattfindenden wöchentlichen Fortbildungsveranstaltungen teil. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass die ihr obliegende Tätigkeit „vertiefte oder erweiterte Kenntnisse und entsprechende Fähigkeiten“ voraussetzten. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Dienststellenleitung wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes nebst Anlagen vom 19. September 2008 Bezug genommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau A in die Entgeltgruppe 7 A 1 besteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Sachantrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Ausführungen der Dienststellenleitung seien zu pauschal, um deren Antrag zu rechtfertigen. Aus dem Pflegekonzept ergebe sich, dass Frau A Tätigkeiten auszuüben habe, deren Anforderungen über die einer „normalen“ Krankenschwester hinausgingen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Mitarbeitervertretung vom 20. Mai 2009 nebst Anlagen bezug genommen.
Die Schlichtungsstelle hat den Antrag durch ihren Beschluss vom 19. Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Tätigkeit der Frau A übersteige die Anforderungen der EGr 7 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Die besonderen Anforderungen der psychotherapeutischen Pflege erforderten gegenüber dem Ausbildungsstandard der „normalen“ Kranken- oder Gesundheitspflegerin ein vertieftes und erweitertes Fachwissen. Der gegenüber einem Allgemeinkrankenhaus wesentlich vertiefte Umgang mit Patienten und die fortlaufende Konfrontation mit seelischen Leiden und Ausnahmesituationen stellten nicht nur besondere charakterliche Anforderungen, sondern bedürften einer vielfältigen Erweiterung des Fachwissens. Darauf deuteten auch die von der Einrichtung selbst initiierten Fortbildungsveranstaltungen hin. Der fortlaufende Austausch mit Therapeuten und Teammitgliedern biete eine weitere Quelle, Erfahrung und Fachwissen zu erweitern. Die besondere Intensität der Pflege, wie sie von Frau A erwartet werde, komme dem gleich, was für die Fachpflegekräfte, die in EGr 8 als Richtbeispiel genannt seien, erwartet werde.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer Beschwerde. Sie hält den angefochtenen Beschluss für falsch. Sie rügt, der Beschluss lasse eine juristische Subsumtion vermissen, eine Auseinandersetzung mit den Oberbegriffen der EGr 8 finde nicht statt. Das Pflegekonzept der Abteilung 3 sei für die Pflegefortbildung erstellt worden, in der alle Abteilungen der Klinik gegenseitig ihre Abteilungsschwerpunkte vorgestellt hätten. Es sei ca. im Jahr 2006 durch das Pflegeteam unter Leitung der Stationspflegeleitung erstellt worden, es sei jedoch derzeit nicht aktuell und auch nicht offiziell verabschiedet worden. Die Frau A übertragenen Aufgaben seien Bestandteil der stationären Pflege, wobei Pflege auch immer Bestandteil der Behandlung sei.
Die Beschwerde setzt sich mit dem erstinstanzlichen Vorbringen der Mitarbeitervertretung im Wesentlichen wie folgt auseinander: Die von der Mitarbeitervertretung vorgetragene „Millieutherapie“ bedeute „Alltagstherapie“ oder „Begleitung im Alltag“. Darin spiele die Krankenbeobachtung in der psychosomatischen Pflege eine wichtige Rolle. Krankenbeobachtung sei ein wesentlicher Bestandteil der pflegerischen Ausbildung und kein Heraushebungsmerkmal. Die Pflege in der Psychosomatik weise keinen speziellen Schwierigkeitsgrad auf. Die Koordination des Stationsalltags gehöre zu den normalen pflegerischen Tätigkeiten. „Krisengespräch bei Suizidgefahr, Arbeit mit der SUD-Skala“ bedeute die Einschätzung, wann ein Arzt zu rufen sei, die „Überprüfung der Meldevereinbarung bei Suizidalität anhand der SUD-Skala“ heiße, zu prüfen, ob der Patient die mit dem Arzt getroffene Vereinbarung, sich z.B. dreimal täglich beim Pflegedienst zu melden, einhält. Die „Pflegeplanung mit Prozesscharakter“ sei ein Grundlageninstrument der Krankenpflege, werde an jeder Krankenpflegeschule gelehrt und gehöre grundlegend zur Ausbildung. Frau A wirke nicht im eigentlichen Sinn bei Therapien mit, sondern nehme an Visiten, Großgruppen, stationsärztlichen Aufnahmegesprächen teil und bringe dort die pflegerische Sicht ein. Genogramme habe Frau A nicht zu erstellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 28. August 2009 Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und festzustellen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau A in Entgeltgruppe 7 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD hat.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 20. April 2010, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, und hebt hervor, es werde tatsächlich nach dem Pflegekonzept gearbeitet.
II. Die durch den Senatsbeschluss vom 6. April 2010 zur Entscheidung angenommene Beschwerde ist begründet. Die Vorinstanz hat den Sachantrag der Dienststellenleitung zu Unrecht zurückgewiesen.
Die Mitarbeitervertretung hat keinen Grund, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Frau A in der EGr 7 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern. Ihr sind Aufgaben i.S. dieser Entgeltgruppe übertragen worden, nicht aber solche i.S. der EGr 8.
1. Frau A ist als Krankenschwester eingestellt worden. Die Berufsbezeichnung Krankenschwester ist durch die Berufsbezeichnung Krankenpflegerin abgelöst worden. Die Krankenpflegerin ist in EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD als Richtbeispiel aufgeführt.
a) Enthält eine Eingruppierungsbestimmung der AVR.DW.EKD n. F. (gültig ab 1. Juli 2007) neben einem Obersatz und diesen erläuternde Bestimmungen auch Richtbeispiele, so ist zunächst zu prüfen, ob ein Richtbeispiel einschlägig ist und ob dessen Merkmale erfüllt sind. Nur wenn die Tätigkeit vom Richtbeispiel nicht oder nicht vollständig erfasst ist, ist auf die allgemeinen Merkmale zurückzugreifen (KGH.EKD, Beschluss vom 12. April 2010 - I-.V.v.; KGH.EKD. Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 - ZMV 2009, S. 260 = NZA 2010, S. 356 - LS). Dies folgt aus der gebotenen Auslegung der Eingruppierungsregelungen der AVR.DW.EKD.
b) Die Auslegung des normativen Teils kirchengesetzlicher Arbeitsrechtsregelungen, hier der AVR.DW.EKD, folgt - wie bei einem Tarifvertrag - den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Zwar stellen die AVR.DW.EKD keinen Tarifvertrag dar; sie setzen jedoch wie ein Tarifvertrag privatrechtliche Normen, nämlich die „Arbeitsvertragsrichtlinien“. Bei deren Auslegung ist zunächst vom Normwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Normwortlaut ist der wirkliche Wille der normsetzenden Kommission mit zu berücksichtigen, soweit er in den Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den normierten Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der normsetzenden Kommission liefern und nur so der Sinn und Zweck der AVR-Norm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte der AVR-Norm und ggf. auch die praktische Übung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Normauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zur Auslegung von Tarifverträgen: BAG Urteil vom 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - BAGE 113, 291, 299 m.w.N.).
c) In Anwendung dieser Grundsätze sind die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe grundsätzlich erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist ((vgl. für Tarifverträge: BAG Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR696/05 - AP Nr 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom; BAG Urteil vom 22. Juni 2005 - 10 ABR 34/04 - NZA-RR 2006, 23; BAG, Urteil vom 19. August 2004 - 8 AZR 375/03 - EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 7). Dieses Verständnis entspricht den bei der Auslegung von Normen, sei es gesetzlichen, sei es tarifvertraglichen, sei es solchen der AVR, besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die Normsetzer bei der Abfassung von Normen gerecht werden wollen. Wird dagegen die einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter übertragene Tätigkeit von einem Richtbeispiel nicht oder nicht voll erfasst, muss grundsätzlich auf die allgemeinen Merkmale zurückgegriffen werden. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeitsbeispiele ihrerseits unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten; die unbestimmten Rechtsbegriffe sind dann im Lichte der Oberbegriffe auszulegen. Dagegen ist nicht auf die allgemeinen Merkmale derselben Entgeltgruppe zurückzugreifen, wenn die Tätigkeit zwar vollständig von einem Richtbeispiel erfasst ist, aber dessen Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht wird.
d) Entsprechend dieser Auslegungsregel sind auch die Richtbeispiele in dem Entgeltgruppenverzeichnis (Anlage 1 zu den AVR.DW.EKD) eine selbstständige Grundlage für die Eingruppierung. Die Voraussetzungen für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe der Anlage 1 zu den AVR.DW.EKD sind erfüllt, wenn die Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers die Merkmale eines Richtbeispiels dieser Entgeltgruppe erfüllt (KGH.EKD. Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 a.a.O.). Dies schließt aus, dass die Tätigkeit, die unter das Richtbeispiel fällt, in eine niedrigere Entgeltgruppe fällt, nicht aber, dass die übertragene Tätigkeit auch die Merkmale einer höheren Entgeltgruppe erfüllen kann.
e) Die der Frau A übertragene Tätigkeit fällt unter das Richtbeispiel „Krankenpflegerin“ der EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Dementsprechend ist sie in dieser Entgeltgruppe eingruppiert, es sei denn, dass die ihr übertragene Tätigkeit die Voraussetzungen der EGr 8 erfüllt. Das aber ist nicht der Fall. Die hierauf gestützte Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung ist nicht begründet.
2. Insoweit kommt nur EGr 8 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD in Betracht. Diese Bestimmung lautet insoweit:
„A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit
1. eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen
a. Pflege / Betreuung /Erziehung,
b. …
Richtbeispiele:
Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in den Intensivpflege oder Psychiatrie
…“
Was unter „schwierigen Aufgaben“ zu verstehen ist, definiert die Anmerkung 14 der Anlage 1 zu 12 AVR.DW.EKD wie folgt: „Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern“.
a) Für das Verständnis, was mit einem Richtbeispiel gemeint ist, sind dieselben Auslegungsregeln wie bei den Normtexten selbst anzuwenden. Diese Auslegungsregeln sind oben dargestellt.
b) Der Wortlaut des Richtbeispiels „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ in EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD) ist mehrdeutig. Er kann mit der Vorinstanz so verstanden werden, dass es allein darauf ankommt, ob die Gesundheitspflegerin in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der psychiatrischen Abteilung einer Einrichtung tätig ist, mag sie dort auch keine der „psychiatrischen“ Gesundheitspflege, sondern (nur) der somatischen Gesundheitspflege zuzuordnende Aufgaben zu erfüllen haben. Indessen ist dies nicht das einzig mögliche Verständnis für dieses Richtbeispiel. Es kann auch dahingehend verstanden werden, dass das Gepräge der übertragenen Tätigkeit (vgl. § 12 Abs. 2 AVR.DW.EKD) nicht durch den Platz, an welchem sie ausführen ist, bestimmt wird, sondern durch die Ausrichtung der pflegerischen Tätigkeit im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie.
Zum Verständnis mehrdeutiger Richtbeispielen ist der Regelungszusammenhang heranzuziehen. Aus den Obersätzen und den dazu gehörenden Anmerkungen ist abzuleiten, was mit dem Richtbeispiel gemeint ist, wie auch - umgekehrt - die Richtbeispiele ihrerseits zum Verständnis der Obersätze heranzuziehen sind. Nach den hier maßgeblichen Obersätzen sollen die Tätigkeiten, die den in EGr 8 Teil A eingruppierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertragen worden sind, „vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen“, wobei zu diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solche mit „ eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 8) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben“ in den Tätigkeitsbereichen u.a. „Pflege“ gehören. Derartige Voraussetzungen sind geboten, wenn die Mitarbeiterin psychiatrische Gesundheitspflege zu leisten hat, nicht aber dann, wenn sie (nur) somatische Gesundheitspflege zu erbringen hat. Dementsprechend ist das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ in EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD dahingehend zu verstehen, dass hierunter Mitarbeiterinnen mit solchen, die Tätigkeit prägende pflegerischen Tätigkeiten fallen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet sind.
c) Solche Tätigkeiten sind Frau A auch nach dem Vorbringen der Mitarbeitervertretung nicht übertragen worden. Dabei wird unterstellt, dass das Pflegekonzept der Abteilung(Station) 3 unbeschadet dessen, ob es offiziell verabschiedet worden ist oder nicht, die tatsächlichen Verhältnisse im Wesentlichen zutreffend wiedergibt. Die Argumentation der Mitarbeitervertretung stützt sich zwar auf dieses Pflegekonzept; sie zieht daraus jedoch unzutreffende Schlüsse auf die rechtliche Einordnung der Frau A übertragenen Tätigkeiten. Im Kern stützt sich die Vorinstanz entsprechend dem Ansatz der Mitarbeitervertretung darauf, dass Frau A Ihre Tätigkeiten in der psychiatrischen Abteilung erbringt und dass schon wegen des schwierigeren Umgangs mit dort zu pflegenden Patienten die Voraussetzungen der EGr 8 erfüllt seien. Das aber genügt nicht, um das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ der EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD als durch Frau A erfüllt ansehen zu können. Hiervon geht (wohl) auch die Vorinstanz aus, denn sie meint, das, was von Frau A erwartet werde, komme dem gleich, was für die Fachpflegekräfte, die in EGR 8 als Richtbeispiel genannt seien, gefordert werde.
3. Frau A sind auch keine Tätigkeiten übertragen worden, die unter die Obersätze der EGr 8 Teil A Nr. Buchstabe a i.V.m. Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD fallen. Insbesondere sind Frau A keine „schwierigen Tätigkeiten“ i.S. der Anmerkung 14 übertragen worden.
a) Zur Ermittlung, ob „schwierige“ (Anmerkung 14) Aufgaben zu erfüllen sind, ist es erforderlich, die „Normalaufgaben“ mit den (fachlich) schwierigen Aufgaben zu vergleichen. Denn der Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe lässt sich nicht „absolut“ feststellen, sondern immer nur durch einen Vergleich der „schwierigen“ Aufgabe mit der nicht schwierigen Aufgabe. Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD beschreibt keine Methode zur Ermittlung, ob schwierige Aufgaben vorliegen, sondern nur den Kreis der Kriterien, die anzuwenden sind. Um feststellen zu können, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist eine nur wertende Beschreibung nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es hinreichend substantiierten Tatsachenvortrags, der erhellt, was „normale“ Aufgaben sind und auf Grund welcher Tatsachen die konkret übertragenen Aufgaben als „schwierig“ zu qualifizieren sind. Durch entsprechenden Tatsachenvortrag ist deutlich zu machen, worin der entscheidende Unterschied hinsichtlich des Grades der Schwierigkeit besteht (vgl. schon KGH.EKD, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - II-0124/P52-08 - z. V. v., www.ekd.de).
b) Die Dienststellenleitung hat geltend gemacht, dass Frau A keine „schwierigen Tätigkeiten“ übertragen worden seien. Die Mitarbeitervertretung hat dagegen behauptet, Frau A habe schwierige Tätigkeiten auszuüben. Die von der Mitarbeitervertretung besonders ins Feld geführten Einzeltätigkeiten der Frau A hat die Dienststellenleitung bewertet und sie z.T. einem tatsächlichen Vergleich mit den Normalanforderungen an eine Krankenschwester mit dem Ergebnis unterzogen, dass es sich weitgehend um Tätigkeiten handelt, die grundsätzlich zum Beruf der Krankenpflegerin zählen. Aus dem Sachvorbringen der Mitarbeitervertretung ergibt sich nichts Anderes. Der unstreitige Umstand, dass sich die Tätigkeit der Frau A in der Abteilung 3 „Alternspsychotherapie“ vollzieht, reicht für sich allein nach der oben dargestellten Rechtslage nicht aus, um auf eine schwierige Aufgabe i.S. der Anmerkung 14 schließen zu können.
Die wöchentlichen hausinternen Fortbildungsveranstaltungen von jeweils 1,5 Stunden Dauer und der Kontakt und Austausch zu und mit Therapeuten und Teammitgliedern verdeutlichen nicht, dass hierdurch Vertiefungen oder Erweiterungen des Fachwissens i.S. des Obersatzes der EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD bezweckt sind oder erreicht werden, derer Frau A zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben bedarf. Vielmehr zeigt das Fortbildungsprogramm für das erste Halbjahr 2009, dass zwar sinnvolle Fortbildungen angeboten werden, nicht aber primär solche, die in Richtung einer gezielten Weiterbildung für eine Tätigkeit in der Psychiatrie gerichtet sind. Der Austausch mit Therapeuten und Teamkolleginnen ist sicherlich für die tägliche Arbeit förderlich, auch hier bleibt jedoch offen, inwieweit dadurch solches erweitertes oder vertieftes Fachwissen vermittelt wird, das für die Tätigkeit der Frau A vorausgesetzt wird.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).