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Geltungszeitraum von: 16.12.2011

Geltungszeitraum bis: 15.12.2013

Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie (Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz der EKD – ARGG-Diakonie-EKD)

Vom 9. November 2011

(ABl. EKD 2011, S. 323)

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland hat mit Zustimmung der Kirchenkonferenz auf Grund des Artikels 10 Absatz 1 und des Artikels 10 a Absatz 2 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Verkündigungsauftrag der Kirche und ihrer Diakonie, Festlegung der Arbeitsbedingungen

( 1 ) Kirchlicher Dienst ist durch den unverfügbaren Auftrag Jesu bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Diakonie ist Lebens- und Wesensäußerung der evangelischen Kirche. Auf dieser Grundlage leisten alle Frauen und Männer, die beruflich in Kirche und Diakonie tätig sind, den aus dem Glauben erwachsenen Dienst am Mitmenschen. Sie wirken als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran mit, dass die jeweilige Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbindet sie zu einer Dienstgemeinschaft, die auch in der Gestaltung des Verfahrens zur Regelung der Arbeitsbedingungen ihren Ausdruck findet.
( 2 ) Für die Regelung der Arbeitsbedingungen haben in der Dienstgemeinschaft Dienstgeber und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die gemeinsame Verantwortung. Die Wahrnehmung dieser gemeinsamen Verantwortung setzt einen partnerschaftlichen und kooperativen Umgang von Dienstgebern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voraus.
( 3 ) Die Festlegung der Arbeitsbedingungen für die Dienstverhältnisse erfolgt in einer paritätisch gebildeten Arbeitsrechtlichen Kommission. In der Arbeitsrechtlichen Kommission ist jede Seite gleichberechtigt und gleichwertig vertreten. Entscheidungen sollen im Konsens angestrebt werden und werden durch Mehrheitsentscheidungen getroffen. Konflikte werden durch ein verbindliches Schlichtungsverfahren entschieden. Dieses Verfahren schließt Streik und Aussperrung aus.
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§ 2
Geltungsbereich und Subsidiarität

( 1 ) Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der diakonischen Einrichtungen gelten die von der Arbeitsrechtlichen Kommission gemäß § 3 Absatz 4 getroffenen Regelungen, soweit nicht durch gliedkirchliches Recht abweichende Regelungen getroffen werden.
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission ist für die Regelung der Arbeitsverhältnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Evangelischen Kirche in Deutschland, der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse, der Gliedkirchen und deren Untergliederungen nicht zuständig.
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§ 3
Arbeitsrechtsregelung auf dem Dritten Weg

( 1 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission ist paritätisch und repräsentativ mit Mitgliedern besetzt, die unabhängig und an keine Weisungen gebunden sind. Der oder die Vorsitzende wird im jährlich wechselnden Turnus von der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite gestellt. Die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission gelten dienstgeber- und einrichtungsübergreifend. Sie sind für die Dienstgeber verbindlich und dürfen nicht unterschritten werden.
( 2 ) Kommt die Arbeitsrechtliche Kommission zu keinem Ergebnis, so kann jede Seite einen nach den in § 1 und Absatz 1 festgelegten Grundsätzen gebildeten Schlichtungsausschuss unter neutralem, stimmberechtigtem Vorsitz anrufen. Dieser entscheidet verbindlich mit Mehrheit.
( 3 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission und der Schlichtungsausschuss sind dem Auftrag der Kirche und ihrer Diakonie verpflichtet und arbeiten unter Einhaltung der vorgenannten Grundsätze.
( 4 ) Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland ist ermächtigt, nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes durch eine Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland die Arbeitsbedingungen der in der Diakonie im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter näher zu regeln. Hierfür erlässt es im Einvernehmen mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Ordnung.
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§ 4
Repräsentativität und Parität

( 1 ) In der Arbeitsrechtlichen Kommission sollen die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer sowie Dienstgeber aus den Diakonischen Werken der Gliedkirchen durch Vertreterinnen und Vertreter repräsentiert sein. Bei der Entsendung soll die jeweilige Sozialpartnerschaft in den Gliedkirchen und ihren Diakonischen Werken berücksichtigt werden.
( 2 ) In der Ordnung nach § 3 Absatz 4 ist vorzusehen, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Dienstnehmer und Dienstgeber in getrennten Delegiertenversammlungen gewählt werden. Dort ist weiterhin zu bestimmen, wie die Wahl vorgenommen wird, wenn Mitwirkungsrechte nicht wahrgenommen werden.
( 3 ) Jeweils zwei Drittel der Mitglieder der Dienstnehmer- und Dienstgeberseite müssen im Dienst der evangelischen Kirche oder ihrer Diakonie stehen.
( 4 ) Voraussetzung für die Entsendung in die Arbeitsrechtliche Kommission ist die Mitgliedschaft in einer Kirche, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V. ist.
( 5 ) Organisation und Verfahren der Arbeitsrechtlichen Kommission sind nach dem Prinzip des strukturellen Gleichgewichtes durch eine identische Zahl der Dienstnehmer- und Dienstgebervertreterinnen und -vertreter zu gestalten (Parität).
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§ 5
Freistellung, Kündigungsschutz, Ausstattung, Kosten

( 1 ) Die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission, die im kirchlichen oder diakonischen Dienst stehen, werden für ihre Tätigkeit in der Arbeitsrechtlichen Kommission freigestellt. Gleiches gilt für Mitglieder des Schlichtungsausschusses.
( 2 ) Vertreterinnen und Vertretern der Dienstnehmerseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission darf nur gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die den Dienstgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Die außerordentliche Kündigung bedarf der Zustimmung der Mitarbeitervertretung entsprechend § 21 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Mitarbeitervertretungsgesetzes1# der Evangelischen Kirche in Deutschland.
( 3 ) Mit der Tätigkeit in der Arbeitsrechtlichen Kommission und im Schlichtungsausschuss verbundene notwendige Kosten und Auslagen trägt das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Arbeitsrechtlichen Kommission sowie der Dienstnehmer- und der Dienstgeberseite sind vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland die erforderlichen Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland trifft in der Ordnung nach § 3 Absatz 4 nähere Bestimmungen.
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§ 6
Verbindliche Konfliktlösung durch den Schlichtungsausschuss

( 1 ) Für den Fall, dass eine Einigung in der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht zustande kommt, ist ein Schlichtungsausschuss vorzusehen. Er ist mit der identischen Zahl von beisitzenden Mitgliedern der Dienstnehmer- und Dienstgeberseite sowie einer gemeinsam gewählten Vorsitzenden oder einem gemeinsam gewählten Vorsitzenden zu besetzen. Die oder der Vorsitzende ist neutral und stimmberechtigt. Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses müssen einer Kirche angehören, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V. ist. Die Amtszeit des Schlichtungsausschusses entspricht der Amtszeit der Arbeitsrechtlichen Kommission. Die oder der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen. Sie oder er darf nicht im Dienst der evangelischen Kirche oder ihrer Diakonie stehen. Bei Nichteinigung in der Arbeitsrechtlichen Kommission über den Vorsitz des Schlichtungsausschusses entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Verfassungsgerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland.
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission beschließt mehrheitlich mit zwei Dritteln ihrer Mitglieder. Nach zweimaliger vergeblicher Ladung kann die Arbeitsrechtliche Kommission mit Zustimmung mindestens der Hälfte ihrer Mitglieder die Angelegenheit dem Schlichtungsausschuss zur Entscheidung vorlegen. Über eine ihm vorgelegte Angelegenheit entscheidet der Schlichtungsausschuss grundsätzlich in voller Besetzung. Ist der Schlichtungsausschuss trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vollständig besetzt, so kann er nach erneuter Ladung mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder in der Sache beschließen.
( 3 ) Die abschließenden Entscheidungen im Schlichtungsverfahren sind verbindlich und unanfechtbar. Die mit der Tätigkeit des Schlichtungsausschusses verbundenen Kosten trägt das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die nähere Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens erfolgt durch die Ordnung nach § 3 Absatz 4.
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§ 7
Rechtsmittel

Über Rechtsstreitigkeiten, die sich aus der Anwendung dieses Kirchengesetzes und der Ordnung nach § 3 Absatz 4 ergeben, entscheidet das Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland - Kammern für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten. § 60 Absatz 8 Satz 1 und die §§ 61 bis 63 des Mitarbeitervertretungsgesetzes2# der EKD in der jeweils geltenden Fassung gelten entsprechend.
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§ 8
Inkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt für die Evangelische Kirche in Deutschland und ihr Diakonisches Werk am Tag nach seiner Verkündung im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Kraft3#.
( 2 ) Für die Gliedkirchen und gliedkirchliche Zusammenschlüsse tritt dieses Kirchengesetz in Kraft, nachdem diese ihre Zustimmung erklärt haben. Die Zustimmung ist jederzeit möglich. Den Zeitpunkt, zu dem dieses Kirchengesetz in der jeweiligen Gliedkirche oder dem jeweiligen gliedkirchlichen Zusammenschluss in Kraft tritt, bestimmt der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durch Verordnung4#.
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3 ↑ Tag des In-Kraft-Tretens ist der 16. Dezember 2011 (siehe ABl.EKD 2011, S. 323).
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4 ↑ Dieses Kirchengesetz ist am 1. Februar 2013 für die Evangelische Landeskirche in Baden und für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland in Kraft getreten (Verordnung über das In-Kraft-Treten, ABl. EKD 2013 S. 66).