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Richtlinien für das kirchliche Rechnungsprüfungswesen

Vom 15. März 1956

(ABl. EKD S. 97)

Der Rat der EKD hat in seiner Sitzung vom 15. März 1956 die nachstehenden Richtlinien für das kirchliche Rechnungsprüfungswesen gebilligt. Sie werden gemäß Artikel 9 d der Grundordnung der EKD1# bekannt gegeben.
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I.
Aufgabe der kirchlichen Rechnungsprüfung

1.
Die unmittelbare Überwachung der Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Wirtschaftsführung der Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbände u. a. ist in erster Linie Aufgabe der örtlichen Organe im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung. Die Überwachung wird durch regelmäßige angemeldete und unvermutete Prüfungen wahrgenommen. Die Prüfungen durch Aufsichtsorgane (z. B. Kreiskirchenvorstand, landeskirchliches Rechnungsprüfungsamt) entbinden die örtlichen Organe nicht von der Durchführung der eigenen Prüfungen.
2.
Die Überwachung der landeskirchlichen Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Wirtschaftsführung ist Angelegenheit der zuständigen verfassungsmäßigen Organe. Diese bedienen sich dabei im Allgemeinen der landeskirchlichen Rechnungsprüfungsstelle. Die mit der Prüfung der landeskirchlichen Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Wirtschaftsführung Beauftragten sind in ihrer Prüfungstätigkeit unbeschadet ihrer Unterstellung unter die allgemeine Dienstaufsicht unabhängig.
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II.
Durchführung der kirchlichen Rechnungsprüfung

3.
Die Prüfungen sollen möglichst am Sitz der geprüften Stelle durchgeführt werden, denn nur am Orte können die Prüfungen vollständig sein, alle Unterlagen zur Klärung herangezogen, die örtlichen Besonderheiten berücksichtigt und wirksame Hilfen gegeben werden. Die örtliche Prüfung spart Arbeit und Zeit, sie schafft persönlichen Kontakt, gewährleistet wirklichkeitsnahe Beziehungen des Prüfungsgegenstandes und ergibt brauchbare Vergleichsmöglichkeiten.
4.
Die Prüfungen sollen zeitnahe sein, denn nur durch zeitnahe Prüfungen wird erreicht, dass rechtzeitig Kassendifferenzen und Buchungsfehler erkannt, eingegrenzt und behoben, kassenorganisatorische Mängel abgestellt, falsche Berechnungen in den Belegen, unrichtige Rechtsanwendung, Verstöße gegen den Haushaltsplan und Fehldispositionen sowie Schwierigkeiten in der Wirtschaftsführung kirchlicher Wirtschaftsbetriebe festgestellt werden.
5.
Alle Kassen- und Vermögensbestände, Kassenbücher und Belege sind regelmäßig zu prüfen. Die Prüfungen sollen lückenlos sein, sich auf alle Buchungs- und Wirtschaftsvorgänge erstrecken und alle mitverwalteten Kassen umfassen.
6.
Die Vorprüfung (Visakontrolle) soll die regelmäßigen und die Jahresabschlussprüfungen vorbereiten. Sie hat den Zweck, sämtliche Zahlungs- und Buchungsanweisungen vor ihrer Ausführung auf formale, rechnerische und sachliche Richtigkeit zu prüfen und ggf. ihre Berichtigung zu veranlassen. Die Vorprüfung sollte bei größeren Verwaltungen Pflicht sein.
7.
Die Jahresabschluss-(Rechnungs-)Prüfung soll spätestens sechs Monate nach dem vorgeschriebenen Abschlusstermin beendet sein.
8.
Mit der Durchführung der Prüfungen in den Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbänden u. a. sind von diesen fachlich geeignete Persönlichkeiten zu beauftragen.
9.
Bei den Landeskirchen soll eine Rechnungsprüfungsstelle mit der Durchführung der Prüfungen beauftragt werden. Diese ist eine Geschäftsabteilung des Landeskirchenamts und untersteht der allgemeinen Dienstaufsicht des (weltlichen) Leiters.
Der Dienststellenleiter und die Prüfungsbeamten werden durch die hierfür zuständigen Organe berufen, versetzt und abberufen.
Die im Prüfungsdienst tätigen Beamten und Angestellten haben die zu diesem Dienst erforderlichen rechtlichen, wirtschaftlichen, fachlichen und sachlichen Kenntnisse nachzuweisen. Sie müssen mit den einschlägigen, kirchlichen Bestimmungen über das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie über die Vermögensverwaltung kirchlicher Körperschaften und Einrichtungen vertraut sein, ferner sich mit den für die einzelnen Kassen, Ämter, Anstalten, Betriebe und Verwaltungszweige erlassenen Gesetzen, Satzungen, Dienstanweisungen usw. bekannt machen.
Neben der Kenntnis der kameralistischen Buchführung sollen sie auch der kaufmännischen Buchführung und ihres Abschlusswesens kundig sein.
10.
Aufgaben des für die Rechnungsprüfung zuständigen Ausschusses der Synode sind u. a.
a)
‎Entgegennahme des Berichts über die Prüfung der landeskirchlichen Kassen und Einrichtungen sowie des Berichts über die Ausräumung von Erinnerungen,
b)
Mitwirkung bei grundsätzlichen Fragen des Rechnungsprüfungswesens.
11.
Die von den Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbänden u. a. bestellten Prüfer haben ihre Prüfung nach dem vom Landeskirchenamt aufzustellenden Prüfungsplan vorzunehmen. Das Ergebnis ist in einem schriftlichen Bericht festzuhalten (Vordruck), der dem Landeskirchenamt in Zweitschrift einzureichen ist.
12.
Die Rechnungsprüfungsstelle des Landeskirchenamts hat die Kirchengemeindeverbände u. a. nach einem vom Landeskirchenamt ausgearbeiteten Plan zu prüfen. Der Prüfungsbericht ist in drei Stücken auszufertigen; je ein Stück erhalten die Kirchengemeinde, das Landeskirchenamt und die Rechnungsprüfungsstelle. Das Ergebnis der Prüfung ist den zuständigen Dezernenten (Fachreferaten) des Landeskirchenamts zur Kenntnis und Auswertung zuzuleiten. Die Rechnungsprüfungsstelle ist von der Erledigung etwaiger Prüfungsbemerkungen im Einzelnen abschließend zu unterrichten.
13.
Bei der Prüfung der landeskirchlichen Rechnung hat die Rechnungsprüfungsstelle neben den gesetzlichen Bestimmungen etwa von dem zuständigen Ausschuss der Synode aufgestellte Prüfungsrichtlinien zu beachten. Das Ergebnis der Prüfung ist von der Rechnungsprüfungsstelle über das Landeskirchenamt, das eine Ausfertigung des Berichts erhält, dem zuständigen Ausschuss der Synode zuzuleiten, der die Abnahme der Rechnung und die Entlastung der Verwaltung hinsichtlich der Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Wirtschaftsführung vorbereitet. Die Rechnungsprüfungsstelle ist von dem Ergebnis der Beratungen des zuständigen Ausschusses der Synode zu etwaigen Prüfungsbemerkungen und von dem Entlastungsbeschluss der Synode zu unterrichten.
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III.
Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen Verwaltungen und Rechnungsprüfungsstellen

14.
Zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung des Landeskirchenamtes und der Rechnungsprüfungsstelle findet in regelmäßigen Abständen ein Austausch der Erfahrungen auf dem Gebiete des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens statt. Dabei sollen die bei den Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse über die Verwaltung der Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbände u. a., sowie Maßnahmen zur organisatorischen und wirtschaftlichen Gestaltung der kirchlichen Verwaltung erörtert werden.
15.
Zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen dem Landeskirchenamt, den Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbänden u. a. sowie der Rechnungsprüfungsstelle werden empfohlen
a)
Schulung der Prüfer und der Mitarbeiter in der kirchlichen Verwaltung,
b)
Vorträge in Pfarrkonferenzen, Predigerseminaren u. a.,
c)
örtliche Beratung durch Beamte der Rechnungsprüfungsstelle,
d)
einheitliche Gestaltung der Vordrucke für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen.

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