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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:21.04.2009
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/R10-09
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 41 Abs. 1 Buchst. b), § 42 Buchst. g)
Vorinstanzen:Kirchengericht -MVG- für Streitigkeiten aus der Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes -Kammer für das Diakonische Werk der Ev. Kirche in Mitteldeutschland, I/4-2007; Fundstelle: KuR 2/2009, S. 89
Schlagworte:Zustimmungsverweigerungsgrund Benachteiligung
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Leitsatz:

1. Eine Benachteiligung i.S. des § 41 Abs. 1 Buchst. b) MVG.EKD liegt nur vor, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass ein betroffener oder ein anderer Mitarbeiter benachteiligt wird, ohne dass dies gerechtfertigt ist.
2. Die Nichterfüllung einer Erwartung stellt keine Benachteiligung dar. Eine Benachteiligung setzt eine Rechtsverletzung voraus.
3. Benachteiligt ist ein Mitarbeiter infolge der Besetzung einer Stelle mit einer anderen Person, wenn diese Stellenbesetzung mit der anderen Person rechtswidrig ist, weil gerade dieser Mitarbeiter einen Rechtsanspruch darauf hat, eben auf jener Stelle eingesetzt zu werden.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Kirchengerichts - MVG - für Streitigkeiten aus der Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes - Kammer für das Diakonische Werk der Ev. Kirche in Mitteldeutschland - vom 22. Dezember 2008 - I/4-2007 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung einen Grund hat, die mit Schreiben vom 5. Januar 2007 beantragte Zustimmung zur Versetzung der Frau C auf die Stelle der Teamleiterin des Teams D zu verweigern. Die Mitarbeitervertretung hat ihre Zustimmung mit ihrem Schreiben vom 12. Februar 2007 endgültig verweigert und dies damit begründet, dass mit dieser Besetzung der Stelle der Teamleiterin durch Frau C die als Teamleiterin angestellte Frau E rechtswidrig benachteiligt werde; das zu deren Gunsten ergangene Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG Sachsen-Anhalt) vom 19. September 2006 sei bis dato nicht umgesetzt worden. Am 23. Februar 2007 hat die Dienststellenleitung das Kirchengericht angerufen.
Zu dem genannten Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 19. September 2006 - 8 Sa 774/05 - war es wie folgt gekommen: Die Mitarbeiterin E war auf Grund des zuletzt im Jahr 2003 geänderten Arbeitsvertrags als Teamleiterin angestellt und als Teamleiterin des Teams D eingesetzt. Sie war schon damals nach Maßgabe der kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarungen anzuwendenden AVR.DW.EKD ordentlich nicht mehr kündbar. Die Dienststellenleitung hatte gegenüber Frau E eine Änderungskündigung ausgesprochen und ihr eine andere Tätigkeit angeboten. Frau E hat die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen und gegen die Änderungskündigung Klage beim Arbeitsgericht erhoben. Der Rechtsstreit endete mit dem genannten rechtskräftigen Urteil des LAG Sachsen-Anhalt, worin festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht, jedoch die weitergehende Klage auf Beschäftigung der Klägerin E als Teamleiterin des Teams D abgewiesen worden ist, weil die Beklagte angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, die der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien eröffne, zu dieser speziellen Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht verpflichtet sei.
Während des vorliegenden Verfahrens hat die inzwischen als Teamleiterin des Teams F eingesetzte Frau E eine weitere Klage gegen die Dienststelle geführt. Sie hat gemeint, entgegen der gerichtlichen Feststellung aus dem vorgenannten Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 19. September 2006 - 8 Sa 774/05 - nicht als Teamleiterin eingesetzt zu sein; die von ihr unter Protest ausgeübte Tätigkeit sei keine Teamleitertätigkeit. Das Arbeitsgericht (ArbG) Halberstadt hat in seinem Urteil vom 7. März 2007 - 2(4) Ca 1219/06 - festgestellt, dass die Anordnung der Umsetzung der Klägerin (Frau E) als Teamleiterin des Teams D zur Teamleiterstelle des Teams F 2006 unwirksam sei; die weitergehende Klage auf Beschäftigung als Teamleiterin des Teams D hat es als unbegründet abgewiesen, weil die Beklagte nicht verpflichtet sei, die Klägerin gerade auf dieser Teamleiterstelle einzusetzen. In der hiergegen gerichteten Berufung hat die Klägerin E beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie als Teamleiterin des Teams D einzusetzen und tätig werden zu lassen, hilfsweise, sie überhaupt als Teamleiterin zu beschäftigen. Das LAG Sachsen-Anhalt hat die Berufung durch sein Urteil vom 31. Januar 2008 - 10 Sa 225/07 - zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, als Teamleiterin des Teams D eingesetzt zu werden und tätig sein zu dürfen; der Hilfsantrag sei von der Vorinstanz zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 31. Januar 2008 - 10 Sa 225/07 - Bezug genommen.
Die Dienststellenleitung hat geltend gemacht, es liege kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vor; Frau E werde nicht rechtswidrig benachteiligt, denn sie habe keinen Anspruch darauf, auf eben der jetzt in Rede stehenden Teamleiterstelle des Teams D beschäftigt zu werden. Frau E werde tatsächlich als Teamleiterin, nämlich des Teams F eingesetzt; u.a. seien ihr fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterunterstellt.
Sie hat sinngemäß beantragt,
festzustellen, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, ihre Zustimmung zur Versetzung der Frau C auf die Stelle der Teamleiterin des Teams D zu verweigern.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie meint, Frau E habe den Anspruch, auf der in Rede stehenden Stelle zu arbeiten, weil die Änderungskündigung und die Versetzung unwirksam seien. Sie habe Anspruch darauf, als Teamleiterin tätig zu sein. Ihre jetzige Aufgabe sei nicht die einer Teamleiterin.
Das Kirchengericht hat in seinem Beschluss vom 22. Dezember 2008 sinngemäß festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, ihre Zustimmung zur Versetzung der Frau C auf die Stelle der Teamleiterin des Teams D zu verweigern, und zur Begründung wesentlich darauf abgestellt, dass die Wertung der Mitarbeitervertretung, wonach die Stelle, auf der Frau E tätig sei, keine Leitungsfunktion habe, unzutreffend sei; zudem hat es auf die vorgenannten Entscheidungen des LAG Sachsen-Anhalt verwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 29. Januar 2009 zugestellten Beschluss wendet sich die Mitarbeitervertretung mit ihrer am 12. Februar 2009 (Fax) eingereichten Beschwerde; die Beschwerdebegründungsschrift ist am 30. März 2009 (Montag) per Fax eingegangen. Die Mitarbeitervertretung meint nach wie vor, Frau E werde rechtswidrig benachteiligt. Ihre jetzige Beschäftigung sei nicht die einer Teamleiterin, weil ihr keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter unterstellt seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2009 Bezug genommen. Sie verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.
Die Antragstellerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 20. April 2009 die Auffassung vertreten, dass die Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen sei.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil hierfür kein Grund gegeben ist.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD i. V. m. § 1 MVG-AusführungsG.EKM vom 16. November 2008. (ABl.EKM 2008, 336).
2. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüsse der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Sie ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofs der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Entscheidung eines obersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor, vor allem nicht die zu Nummer 1 oder Nummer 4 des § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD.
a) Ernstliche Zweifel an der materiell-rechtlichen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (Nummer 1) sind nur anzunehmen, wenn die Entscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anders zu treffen sein wird; die bloße Möglichkeit einer entgegen gesetzten Entscheidung genügt nicht. (std. Rspr., KGH.EKD 10. November 2008 I-0124/P37-08 - ZMV 2009, 36, 37; 30. September 2008 - I-0124/P11-08 - n.v.; KGH.EKD 7. April 2008 - I-0124/P5-08 - ZMV 2009, 37, 38; 20. Dezember 2007 - I-0124/N43-07 - KuR 2008, 141 (L); vgl. Fey/Rehren MVG.EKD Stand Januar 2009, § 63 Rz. 7 m.w.N.).
Die Vorinstanz hat dem Antrag zu Recht gem. § 60 Abs. 5 Satz 1, § 42 Buchst. g), § 41 Abs. 1 Buchst. b) MVG.EKD stattgegeben. Die Mitarbeitervertretung stützt ihre Zustimmungsverweigerung zu Unrecht auf die Annahme, Frau E werde durch die Besetzung der Teamleiterstelle des Teams D mit Frau C benachteiligt. Eine Benachteiligung i.S. des § 41 Abs. 1 Buchst. b) MVG.EKD liegt nur vor, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass ein betroffener oder ein anderer Mitarbeiter benachteiligt wird, ohne dass dies gerechtfertigt ist. Eine Benachteiligung setzt eine Rechtsverletzung voraus. Benachteiligt ist ein Mitarbeiter infolge der Besetzung einer Stelle mit einer anderen Person, wenn diese Stellenbesetzung mit der anderen Person rechtswidrig ist, weil gerade dieser Mitarbeiter einen Rechtsanspruch darauf hat, eben auf jener Stelle eingesetzt zu werden. Eben daran fehlt es jedoch. Frau E hat, wie auf Grund der oben angeführten Urteile des LAG Sachsen Anhalt vom 19. September 2006 - 8 Sa 774/05 - und vom 31. Januar 2008 - 10 Sa 225/07 - rechtskräftig feststeht, keinen Rechtsanspruch darauf, nur auf der Stelle der Teamleiterin des Teams D eingesetzt zu werden. Weil eben dieses zu Lasten der Frau E rechtskräftig festgestellt worden ist, ist nicht mehr zu prüfen, ob ihre Beschäftigung als Teamleiterin des Teams F ihrem Arbeitsvertrag entspricht oder nicht.
b) Die Beschwerde war auch nicht wegen des behaupteten Verfahrensmangels zur Entscheidung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.EKD anzunehmen. Ein solcher Mangel ist nicht schlüssig dargelegt. Es hätte dargelegt werden müssen, worin der Verfahrensmangel genau liegen soll, wie er hätte vermieden werden können und dass die Vermeidung der Verfahrensmangels zu dem von der Beschwerde gewünschten Verfahrensergebnis geführt hätte. All dieses, zumindest aber die zuletzt genannte Voraussetzung, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Der Vorhalt, den die Beschwerde macht, stellt die Rüge einer aus der Sicht der Beschwerde unzureichenden oder unrichtigen rechtlichen Würdigung der angeführten Urteile des LAG Sachsen-Anhalt dar. Eine unzureichende oder unrichtige rechtliche Würdigung eines unstreitigen Sachverhalts stellt keinen Verfahrensmangel i.S. des § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 MVG.EKD dar. Zudem kommt es hierauf auch nicht an, weil es - wie oben dargelegt - rechtlich nicht darum geht, ob Frau E arbeitsvertragskonform beschäftigt wird.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).