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Kirchengericht: | Disziplinarhof der EKD |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 11.01.2010 |
Aktenzeichen: | (DH.EKD) 0125/1-09 |
Rechtsgrundlage: | DG.EKD §§ 61, 89, 91 |
Vorinstanzen: | Gemeinsame Disziplinarkammer der Lippischen Landeskirche und der Ev.-ref. Kirche (Synode ev.-ref. Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland), 800-2/3 |
Schlagworte: | Rechtsmittel gegen Disziplinarverfügung |
Leitsatz:
Gegen den Beschluß der Disziplinarkammer, mit welchem über die Beschwerde gegen eine Disziplinarverfügung entschieden wird, ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.
Wenn eine Entscheidung – gegen welche kein Rechtsmittel gegeben ist - irrtümlich mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und zugestellt wird, so wird dadurch das Rechtsmittel, zu welchem belehrt wird, nicht zulässig, wenn die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht gegeben sind.
Tenor:
Die Berufung des Berufungsführers gegen den Beschluss der gemeinsamen Disziplinarkammer der Lippischen Landeskirche und der Evangelisch-reformierten Kirche vom 11. April 2009, Az.: 800-2/3 Nr. 6839 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Berufungsführer auferlegt.
Gründe:
I.
Der Berufungsführer war bis Ende Februar 2001 Pastor einer Gemeinde und befindet sich mittlerweile im Ruhestand.
In den Folgejahren ist es in der Gemeinde zu Unstimmigkeiten wegen der Gottesdienstzeiten für den sonntäglichen Gottesdienst gekommen. Im Juli 2007 fand eine Gründungsversammlung einer Stiftung statt, zu deren 2. Vorsitzenden und Schriftführer der Berufungsführer gewählt worden ist.
In der Stiftungssatzung findet sich in der Präambel unter anderem folgende Darstellung des Selbstverständnisses:
„In diesem Sinne fördert sie glaubensvermittelnde und diakonische Vorhaben in der Region, insbesondere
- Familien die Möglichkeit zu verschaffen, zu familiengeeigneten Zeiten Gottesdienst zu feiern,
...“
In § 2 der Satzung ist der Stiftungszweck festgelegt. In § 2 Abs. 2 wird zur näheren Konkretisierung der Verwirklichung des Stiftungszweckes ausgeführt:
„Dazu gehören:
a) die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern,
b) die Abhaltung von Gottesdiensten,
...“
In der Folgezeit kam es zu einem Gespräch des Berufungsführers mit der Kirchenleitung, aufgrund dessen der Berufungsführer zunächst seine Ämter in der Stiftung hat ruhen lassen. Sodann hat er seinen Austritt aus der Stiftung erklärt und seine Ämter niedergelegt.
Im Dezember 2007 wurde der Berufungsführer von drei Familien, welche der Stiftung besonders verbunden sind, angesprochen wegen der Teilnahme an Hausandachten. Er hat daraufhin im Dezember 2007 in zwei Fällen bei Hausandachten Ansprachen gehalten. Dabei war dem Berufungsführer bekannt, dass an den Sonntagen, an welchen um 10.00 Uhr Gottesdienst angeboten wurde, auch die Mitglieder der Stiftung an diesen gemeindlichen Gottesdiensten teilnehmen, während die Mitglieder der Stiftung an anderen Sonntagen ihre Andacht veranstalten (Blatt 63 der Disziplinarakte).
Der Berufungsgegner hat in der Mitwirkung des Berufungsführers bei der Stiftungsgründung, in der Tätigkeit des Berufungsführers als 2. Vorsitzender und Schriftführer der Stiftung und in der aktiven Beteiligung an den Hausandachten eine Amtspflichtverletzung gesehen und zunächst ein Disziplinarverfahren gegen den Berufungsführer eingeleitet.
Mit Verfügung vom 14. Mai 2008 ist gegen den Berufungsführer eine Geldbuße in Höhe von 350,00 Euro festgesetzt worden. Dagegen hat der Berufungsführer form- und fristgerecht Beschwerde bei der Disziplinarkammer der Evangelischen Kirche in Deutschland eingelegt. Die Disziplinarkammer hat das Verfahren durch Beschluss vom 31. Juli 2008 an die für die Entscheidung zuständige Gemeinsame Disziplinarkammer der Evangelisch-reformierten Kirche und der Lippischen Landeskirche verwiesen.
Diese hat mit Beschluss vom 11. April 2009 die Beschwerde des Berufungsführers gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 Disziplinargesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DG.EKD) verworfen.
Zur Begründung hat die Gemeinsame Disziplinarkammer im Wesentlichen auf das Gründungsziel und den Stiftungszweck der Stiftung verwiesen sowie auf die Teilnahme des Berufungsführers an sonntäglichen häuslichen Andachten.
Der Beschluss wurde den Verfahrensbeteiligten, also dem Berufungsführer und seinem Rechtsbeistand, zugestellt, wobei die zugestellte Abschrift zunächst mit einer Rechtsmittelbelehrung folgenden Inhalts versehen wurde:
„Gegen dieses Urteil ist die Berufung an das
Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland – Disziplinarhof –
Geschäftsstelle, Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover
statthaft. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.“
Dabei wurde übersehen, dass der Originalbeschluss in der Gerichtsakte, Blatt 156/157 der Gerichtsakte, nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war.
Die Zustellung erfolgte mit Schreiben vom 15. April 2009, Blatt 150 und 151 der Gerichtsakte. Dabei wurde im Text des Schreibens die Entscheidung richtigerweise als Beschluss bezeichnet, gleichwohl enthielt das Schreiben den Vermerk:
„Anlage: Urteil (beglaubigte Ausfertigung vom 11.4.2009)“
Nachdem bemerkt worden ist, dass die zugestellte Abschrift der Entscheidung mit einer Rechtmittelbelehrung versehen worden war, wurde die Entscheidung nochmals, dieses Mal ohne Rechtsmittelbelehrung und bezeichnet als Beschluss mit Schreiben vom 21. April 2009 an den Berufungsführer und seinen Rechtsbeistand zugestellt.
Gegen die Entscheidung hat der Rechtsbeistand des Berufungsführers am 14. Mai 2009 eine Gegenvorstellung erhoben, über welche mittlerweile die Gemeinsame Disziplinarkammer der Evangelisch-reformierten Kirche und der Lippischen Landeskirche entschieden hat. Daneben hat er mit Schriftsatz vom 14. Mai 2009, eingegangen am 18. Mai 2009, Berufung eingelegt.
II.
Der Berufungsführer vertritt die Ansicht, dass die Berufung zulässig sei. Dieses schließt er aus der Systematik der §§ 89 und 90 des DG.EKD. Ferner verweist er darauf, dass die angefochtene Entscheidung mit einer Rechtsmittelbelehrung dahingehend versehen worden sei, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Berufung gegeben sei.
Zur Begründung der Berufung verweist er darauf, dass die Disziplinarverfügung schon wegen der Verletzung einer Verfahrensvorschrift aufzuheben sei, und zwar deshalb, weil der Vorgang nicht - wie in § 61 Abs. 1 Satz 2 DG.EKD vorgeschrieben - binnen eines Monats der Disziplinarkammer vorgelegt worden sei.
Im Übrigen habe der Berufungsführer keine Konkurrenzgottesdienste zu den gemeindlichen Gottesdiensten veranstaltet, sondern lediglich an Hausandachten teilgenommen.
Daneben hat der Berufungsführer unter dem 21. Juli 2009 nochmals eine Gegenvorstellung erhoben, in welcher er sich mit der Regelung in § 62 DG.EKD befasst sowie mit der Beweiswürdigung durch die Gemeinsame Disziplinarkammer auseinandersetzt.
Im Rahmen der Berufung hat der Berufungsführer beantragt,
in Abänderung der Entscheidung der Gemeinsamen Disziplinarkammer der Lippischen Landeskirche und der Evangelisch-reformierten Kirche vom 11.4.2009, zugestellt am 16.4./23.4.2009, Aktenzeichen 800-2/3 Nr. 6839, die Disziplinarverfügung der Evangelisch-reformierten Kirche vom 14.5.2008 aufzuheben.
Der Berufungsgegner beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Schriftsätze verwiesen.
III.
Die Berufung ist unzulässig und daher gemäß § 94 Abs. 1 DG.EKD zu verwerfen.
Ausweislich der Regelung in § 91 DG.EKD sind mit der Berufung nur Urteile der Disziplinarkammer anfechtbar. Die Berufung ist nicht zulässig gegen Beschlüsse der Disziplinarkammer, insbesondere auch nicht gegen einen Beschluss nach § 61 Abs. 2 DG.EKD. Der Gesetzeswortlaut in § 91 DG.EKD ist insoweit eindeutig und abschließend.
Etwas anderes kann auch nicht aus den Regelungen in §§ 89 und 90 DG.EKD hergeleitet werden.
§ 89 DG.EKD befasst sich (abschließend) mit der Regelung von Beschwerdeverfahren und sieht dazu in § 89 Abs. 1 DG.EKD vor, dass Entscheidungen nur dann mit der Beschwerde anfechtbar sind, wenn dieses ausdrücklich vorgesehen ist. Daraus und aus der ausdrücklichen Regelung in § 90 DG.EKD kann keineswegs der Schluss gezogen werden, dass eine Regelungslücke vorliegt, welche dazu führt, dass eine Berufungsmöglichkeit gegen die Entscheidung der Disziplinarkammer gegeben sein muss.
Die vom Berufungsführer eingelegte Berufung kann auch nicht umgedeutet werden in eine weitere Beschwerde, weil diese ebenfalls im Disziplinargesetz nicht vorgesehen ist und damit als Rechtsmittel nicht gegeben ist.
Etwas anderes kann schließlich auch nicht aus der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung hergeleitet werden, mit welcher die dem Berufungsführer und seinem Rechtsbeistand zugestellte Abschrift der Entscheidung zunächst versehen worden ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum Einen die Originalentscheidung in der Gerichtsakte gerade nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist.
Zum Anderen ergibt sich bereits bei genauer Betrachtung der fälschlicherweise beigefügten Rechtsmittelbelehrung, dass ein Rechtsmittel gegen den Beschluss nicht gegeben ist. In der Belehrung selbst ist nämlich auf die Möglichkeit der Berufung gegen ein Urteil der Disziplinarkammer hingewiesen worden. Um ein Urteil der Disziplinarkammer handelt es sich bei der angefochtenen Entscheidung jedoch erkennbar nicht. Auch die zunächst dem Berufungsführer und seinem Rechtsbeistand zugestellte Abschrift der Entscheidung ist nämlich in der Überschrift als Beschluss bezeichnet.
Die Möglichkeit eines Rechtsmittels kann in einem gesetzlich geregelten Verfahren jedoch nur aus entsprechenden gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden, nicht aus fehlerhaften Rechtsmittelbelehrungen.
IV.
Selbst dann, wenn die Berufung zulässig wäre, so wäre sie doch unbegründet.
Insbesondere die Teilnahme des Berufungsführers an der Gründung der Stiftung, aber auch die Teilnahme an den Hausandachten stellen eine Amtspflichtverletzung dar, welche durch Verhängung einer Disziplinarmaßnahme geahndet werden konnten. Die verhängte Disziplinarmaßnahme, nämlich die Auferlegung einer Geldbuße in Höhe von 350,00 Euro nach §§ 27, 60 DG.EKD, ist angemessen und nicht zu beanstanden.
Auch der Verstoß gegen § 61 Abs.1 Satz 2 DG.EKD führt nicht dazu, dass die Disziplinarverfügung aufzuheben oder das Verfahren einzustellen ist. Es handelt sich bei dieser Regelung um eine reine Ordnungsvorschrift, die lediglich der zügigen Durchführung eines Disziplinarverfahrens dient und auf deren Verletzung die Entscheidung nicht beruht.
Die Berufung war dementsprechend nach § 94 Abs. 1 DG.EKD durch Beschluss nach § 94 Abs. 3 DG.EKD zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 108 Abs. 2 DG.EKD.