.
Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:26.04.2010
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/R51-09
Rechtsgrundlage:AVR.DW.EKD n. F. Übergangsregelung zu § 12, Anlage 1 EGr 7 und 8, Anm. 14 – schwierge Aufgaben
Vorinstanzen:Kirchengerichtliche Schlichtungsstelle der Evangelischen Landeskirche in Baden, 2 Sch 62/2008
Schlagworte:Eingruppierung Krankenpflegerin in Kinder- und Jugendpsychiatrie
#

Leitsatz:

1. Für das Verständnis, was mit einem Richtbeispiel in der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD gemeint ist, sind wie dieselben Auslegungsregeln wie bei den Normtexten selbst anzuwenden.
2. Zum Verständnis mehrdeutiger Richtbeispiele ist der Regelungszusammenhang heranzuziehen. Aus den Obersätzen und den dazu gehörenden Anmerkungen ist abzuleiten, was mit dem Richtbeispiel gemeint ist, wie auch - umgekehrt - die Richtbeispiele ihrerseits zum Verständnis der Obersätze heranzuziehen sind.
3. Das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ in EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD ist dahingehend zu verstehen, dass hierunter Mitarbeiterinnen mit solchen, die Tätigkeit prägende pflegerischen Tätigkeiten fallen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet sind.

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Kirchengerichtliche Schlichtungsstelle der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 16.März 2009 - Az.: 2 Sch 62/2008 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin A in Entgeltgruppe 7 Teil A Nummer 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD besteht.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im Zuge der durch die Novellierung der AVR.DW.EKD ab 1. Juli 2007 erforderlichen Eingruppierung in zwei an den Kirchengerichtshof der EKD gelangten Verfahren darüber, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund bestanden hat, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der in der Kinder- und Jugendpsychiatrie - im Sprachgebrauch der Einrichtung „KJPP“ genannt - derselben Einrichtung gleichermaßen eingesetzten Heilerziehungspflegerin und der Krankenschwester (Gesundheitspflegerin) Frau A zu verweigern. In beiden Fällen hält die Dienststellenleitung die EGr 7 AVR.DW.EKD n. F. für zutreffend. Im Fall der Heilerziehungspflegerin (Vorinstanz: 2 Sch 62/2008, Beschwerdeverfahren KGH.EKD I- 0124/R38-09) ist die Schlichtungsstelle dem entsprechenden Antrag gefolgt; im vorliegenden Fall der Frau A hat sie den Antrag der Dienststellenleitung mit - im Kern - der Begründung zurückgewiesen, die Mitarbeiterin falle unter das in EGr 8 AVR.DW.EKD n. F. genannte Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“.
In der von der Dienststellenleitung in beiden Verfahren als Anlage 3 zur Antragsschrift vom 29. September 2008 vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung für „Stationsmitarbeiter“ der KJPP vom 13. September 2007 ist die Tätigkeit wie folgt beschrieben worden:
Arbeitsvorgang
Ausführliche Beschreibung des Arbeitsablaufs und der Arbeitsschritte
Zeitl. Anteil an der Gesamtarbeitszeit in %
Allgemeine Pflege und Betreuung
22
Somatische Pflege
6
Kinder- und jugendpsychiatrische Pflege, einzelfallbezogene Behandlung und Betreuung
29
Kinder- und jugendpsychiatrische Pflege, gruppenbezogene Behandlung und Betreuung
18
Visiten des Arztes: Vorbereitung, Teilnahme und Ausarbeitung
3
Mittelbar patientenbezogene Tätigkeiten, Therapie- und Arbeitsbesprechungen
17
Stationsorganisation
5
Im vorliegenden Verfahren geht es darum, ob die gemäß ihrem Arbeitsvertrag vom 19. April 2006 seit 1. Juni 2006 als Krankenschwester angestellte und bis zum 30. Juni 2007 in VergGr KR 5 Fallgruppe 2 AVR.DW.EKD a.F. eingruppierte Frau A zutreffend in der EGr 7 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD n. F. eingruppiert ist. Die Mitarbeitervertretung hat dieser Eingruppierung mit Schreiben vom 18. September 2008 die Zustimmung verweigert und darin im Wesentlichen ausgeführt:
„…
Frau A hat gemäß der vorliegenden Tätigkeitsbeschreibung für die Stationsmitarbeiter in der KJPP und mit dem beruflichen Hintergrund einer Krankenschwester die eigenständige Wahrnehmung von schwierigen und speziellen Aufgaben zu leisten und wendet die entsprechenden Kenntnisse im Sinn von erweitertem bzw. vertieftem Fachwissen auf Grund ihrer beruflichen Erfahrung sachgemäß an. Von daher muss die EG 8 als korrekte Eingruppierung angesehen werden.“
Ein vergleichbares Schreiben hat sie auch im Fall der Heilerziehungspflegerin an die Dienststellenleitung gerichtet.
Die Dienststellenleitung hat daraufhin die Schlichtungsstelle angerufen und geltend gemacht, Frau A seien keine Aufgaben übertragen worden, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten i.S. der EGr 8 Eingangssatz erforderten. Sie habe keine „schwierigen Aufgaben“ i.S. der in EGr 8 vorausgesetzten Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu leisten. Das in EGr 8 aufgeführte Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ treffe auf Frau A nicht zu. Das Richtbeispiel sei berufsbezogen zu verstehen und setze daher eine Zusatzqualifikation für den Bereich der Psychiatrie und einen entsprechenden Einsatz voraus. Die Weiterbildung sei landesrechtlich geregelt und sehr anspruchsvoll ausgestaltet; nach erfolgreichem Abschluss dürften die Absolventen die Weiterbildungsbezeichnung „Krankenschwester für Psychiatrie“ oder „Heilerziehungspflegerin für Psychiatrie“ führen. Auf derart Berechtigte stelle das Richtbeispiel ab. Solche Tätigkeiten seien Frau A indessen auch nicht übertragen worden; vielmehr arbeite sie als Krankenschwester unter der Leitung von entsprechend fachlich Weitergebildeten. Wegen der Einzelheiten ihres erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Dienststellenleitung vom 29. September 2008 und 10. Februar 2009 Bezug genommen.
Sie hat beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Versagung der Zustimmung zur Eingruppierung von Frau A in Entgeltgruppe 7 ab 01. Juli 2007 besteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt, den Antrag der Dienstsstellenleitung zurückzuweisen. Sie hält die EGr 8 für zutreffend und hat geltend gemacht, Frau A habe Tätigkeiten auszuüben, für die i. d. R. eine Ausbildung als Pflegekraft erforderlich sei, und werde „in der Psychiatrie“ eingesetzt. Auf eine formale Qualifikation komme es nicht an. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Mitarbeitervertretung im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 17. Oktober 2008, 12. Januar und 18. Februar 2009 Bezug genommen.
Die Schlichtungsstelle hat den Sachantrag der Dienststellenleitung durch ihren Beschluss vom 16. März 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, Frau A erfülle das Richtbeispiel; dieses sei auch erfüllt, wenn allgemeine pflegerische Tätigkeiten in dem Einsatzbereich „Psychiatrie“ zu erbringen seien.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Dienststellenleitung mit ihrer Beschwerde. Sie hebt hervor, dass die Heraushebung von Gesundheitspflegerinnen und Heilerziehungspflegerinnen allein nach Maßgabe ihres Einsatzortes zu widersinnigen Ergebnissen führe. Einsätze in der Abteilung „Psychiatrie“ seien bereits vom normalen Berufsbild der Gesundheitspflegerinnen abgedeckt. Sie stellten kein Heraushebungsmerkmal dar. Entscheidend sei die übertragene Tätigkeit. Frau A seien die Regelaufgaben einer Krankenschwester in einer Fachabteilung übertragen worden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen vom 6 August 2009 und vom 19. April 2010 Bezug genommen.
Sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund für die Versagung der Zustimmung zur Eingruppierung von Frau A in die Entgeltgruppe 7 AVR-neu ab 01. Juli 2007 besteht.
Die Mitarbeitervertretung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 15. September 2009 und 6. April 2010.
II. Die durch den Senatsbeschluss vom 10. März 2010 zur Entscheidung angenommene Beschwerde ist begründet. Die kirchengerichtliche Schlichtungsstelle hat den Sachantrag der beschwerdeführenden Dienststellenleitung zu Unrecht zurückgewiesen.
1. Die Mitarbeitervertretung hat keinen Grund, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Frau A in der EGr 7 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern. Ihr sind Aufgaben i.S. dieser Entgeltgruppe übertragen worden, nicht aber solche i.S. der EGr 8.
a) Frau A ist als Krankenschwester eingestellt worden. Die Berufsbezeichnung Krankenschwester ist durch die Berufsbezeichnung Krankenpflegerin abgelöst worden. Die Krankenpflegerin ist in EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD als Richtbeispiel aufgeführt.
aa) Enthält eine Eingruppierungsbestimmung der AVR.DW.EKD n. F. (gültig seit 1. Juli 2007) neben einem Obersatz und diesen erläuternde Bestimmungen auch Richtbeispiele, so ist zunächst zu prüfen, ob ein Richtbeispiel einschlägig ist und ob dessen Merkmale erfüllt sind. Nur wenn die Tätigkeit vom Richtbeispiel nicht oder nicht vollständig erfasst ist, ist auf die allgemeinen Merkmale zurückzugreifen (KGH.EKD, Beschluss vom 12. April 2010 - I-.V.v.; KGH.EKD. Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 - ZMV 2009, S. 260 = NZA 2010, S. 356 - LS). Dies folgt aus der gebotenen Auslegung der Eingruppierungsregelungen der AVR.DW.EKD.
bb) Die Auslegung des normativen Teils kirchengesetzlicher Arbeitsrechtsregelungen, hier der AVR.DW.EKD, folgt - wie bei einem Tarifvertrag - den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Zwar stellen die AVR.DW.EKD keinen Tarifvertrag dar; sie setzen jedoch wie ein Tarifvertrag privatrechtliche Normen, nämlich die „Arbeitsvertragsrichtlinien“. Bei deren Auslegung ist zunächst vom Normwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Normwortlaut ist der wirkliche Wille der normsetzenden Kommission mit zu berücksichtigen, soweit er in den Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den normierten Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der normsetzenden Kommission liefern und nur so der Sinn und Zweck der AVR-Norm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte der AVR-Norm und ggf. auch die praktische Übung ergänzend hinzugezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Normauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zur Auslegung von Tarifverträgen: BAG Urteil vom 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - BAGE 113, 291, 299 m.w.N.).
cc) In Anwendung dieser Grundsätze sind die allgemeinen Merkmale einer Vergütungsgruppe grundsätzlich erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die als Regel-, Richt- oder Tätigkeitsbeispiel zu dieser Vergütungsgruppe genannt ist (vgl. für Tarifverträge: BAG Urteil vom 18. April 2007 - 4 AZR696/05 - AP Nr 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Telekom; BAG Urteil vom 22. Juni 2005 - 10 ABR 34/04 - NZA-RR 2006, 23; BAG, Urteil vom 19. August 2004 - 8 AZR 375/03 - EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 7). Dieses Verständnis entspricht den bei der Auslegung von Normen, sei es gesetzlichen, sei es tarifvertraglichen, sei es solchen der AVR, besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die Normsetzer bei der Abfassung von Normen gerecht werden wollen. Wird dagegen die einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter übertragene Tätigkeit von einem Richtbeispiel nicht oder nicht voll erfasst, muss grundsätzlich auf die allgemeinen Merkmale zurückgegriffen werden. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeitsbeispiele ihrerseits unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten; die unbestimmten Rechtsbegriffe sind dann im Lichte der Oberbegriffe auszulegen. Dagegen ist nicht auf die allgemeinen Merkmale derselben Entgeltgruppe zurückzugreifen, wenn die Tätigkeit zwar vollständig von einem Richtbeispiel erfasst ist, aber dessen Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht wird.
dd) Entsprechend dieser Auslegungsregel sind auch die Richtbeispiele in dem Entgeltgruppenverzeichnis (Anlage 1 zu den AVR.DW.EKD) eine selbstständige Grundlage für die Eingruppierung. Die Voraussetzungen für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe der Anlage 1 zu den AVR.DW.EKD sind erfüllt, wenn die Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers die Merkmale eines Richtbeispiels dieser Entgeltgruppe erfüllt (KGH.EKD. Beschluss vom 22. Juni 2009 - I-0124/P89-08 - a.a.O). Dies schließt aus, dass die Tätigkeit, die unter das Richtbeispiel fällt, in eine niedrigere Entgeltgruppe fällt, nicht aber, dass die übertragene Tätigkeit auch die Merkmale einer höheren Entgeltgruppe erfüllen kann.
ee) Die der Frau A übertragene Tätigkeit fällt unter das Richtbeispiel „Krankenpflegerin“ der EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Dementsprechend ist sie in dieser Entgeltgruppe eingruppiert, es sei denn, dass die ihr übertragene Tätigkeit die Voraussetzungen der EGr 8 erfüllt. Das aber ist nicht der Fall. Die hierauf gestützte Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung ist nicht begründet.
b) Insoweit kommt nur EGr 8 Teil A Nr. 1 Buchstabe a Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD in Betracht. Diese Bestimmung lautet insoweit:
„A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit
1. eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen
a. Pflege / Betreuung /Erziehung,
b. …
Richtbeispiele:
Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in den Intensivpflege oder Psychiatrie,
…“
Was unter „schwierigen Aufgaben“ zu verstehen ist definiert die Anmerkung 14 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD wie folgt: „Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern“.
aa) Für das Verständnis, was mit einem Richtbeispiel gemeint ist, sind dieselben Auslegungsregeln wie bei den Normtexten selbst anzuwenden. Diese Auslegungsregeln sind oben dargestellt.
bb) Der Wortlaut des Richtbeispiels „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ in EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD ist mehrdeutig. Er kann mit der Vorinstanz so verstanden werden, dass es allein darauf ankommt, ob die Gesundheitspflegerin in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der psychiatrischen Abteilung einer Einrichtung tätig ist, mag sie dort auch keine der „psychiatrischen“ Gesundheitspflege, sondern (nur) der somatischen Gesundheitspflege zuzuordnende Aufgaben zu erfüllen haben. Indessen ist dies nicht das einzig mögliche Verständnis für dieses Richtbeispiel. Es kann auch dahingehend verstanden werden, dass das Gepräge der übertragenen Tätigkeit (vgl. § 12 Abs. 2 AVR.DW.EKD) nicht durch den Platz, an welchem sie ausführen ist, bestimmt wird, sondern durch die Ausrichtung der pflegerischen Tätigkeit im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie.
Zum Verständnis mehrdeutiger Richtbeispielen ist der Regelungszusammenhang heranzuziehen. Aus den Obersätzen und den dazu gehörenden Anmerkungen ist abzuleiten, was mit dem Richtbeispiel gemeint ist, wie auch - umgekehrt - die Richtbeispiele ihrerseits zum Verständnis der Obersätze heranzuziehen sind. Nach den hier maßgeblichen Obersätzen sollen die Tätigkeiten, die den in EGr 8 Teil A eingruppierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertragen worden sind, „vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen“, wobei zu diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solche mit „ eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben“ in den Tätigkeitsbereichen u.a. „Pflege“ gehören. Derartige Voraussetzungen sind geboten, wenn die Mitarbeiterin psychiatrische Gesundheitspflege zu leisten hat, nicht aber dann, wenn sie (nur) somatische Gesundheitspflege zu erbringen hat. Dementsprechend ist das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ in EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD dahingehend zu verstehen, dass hierunter Mitarbeiterinnen mit solchen, die Tätigkeit prägende pflegerischen Tätigkeiten fallen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet sind.
cc) Solche Tätigkeiten sind Frau A nicht übertragen worden. Die Argumentation der Mitarbeitervertretung stützt sich auch nicht auf diesen Gesichtspunkt, sondern darauf, dass die Tätigkeiten in der psychiatrischen Abteilung erbracht werden. Das aber genügt nicht, um das Richtbeispiel „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ der EGr 8 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD als durch Frau A erfüllt ansehen zu können.
c) Die Vorinstanz hat - von ihrer Erkenntnis aus folgerichtig - nicht geprüft, ob die Tätigkeiten der Frau A unter die Obersätze der EGr 8 Teil A Nr. Buchstabe a i.V.m. Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD fallen. Das ist nicht der Fall. Frau A sind keine „schwierigen Tätigkeiten“ i.S. der Anmerkung 14 übertragen worden.
aa) Zur Ermittlung, ob „schwierige“ (Anmerkung 14) Aufgaben zu erfüllen sind, ist es erforderlich, die „Normalaufgaben“ mit den (fachlich) schwierigen Aufgaben zu vergleichen. Denn der Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe lässt sich nicht „absolut“ feststellen, sondern immer nur durch einen Vergleich der „schwierigen“ Aufgabe mit der nicht schwierigen Aufgabe. Anmerkung 14 Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD beschreibt keine Methode zur Ermittlung, ob schwierige Aufgaben vorliegen, sondern nur den Kreis der Kriterien, die anzuwenden sind. Um feststellen zu können, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist eine nur wertende Beschreibung nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es hinreichend substantiierten Tatsachenvortrags, der erhellt, was „normale“ Aufgaben sind und auf Grund welcher Tatsachen die konkret übertragenen Aufgaben als „schwierig“ zu qualifizieren sind. Durch entsprechenden Tatsachenvortrag ist deutlich zu machen, worin der entscheidende Unterschied hinsichtlich des Grades der Schwierigkeit besteht (vgl. schon KGH.EKD, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - II-0124/P52-08 - z. V. v., www.ekd.de).
bb) Die Dienststellenleitung hat geltend gemacht, dass Frau A keine „schwierigen Tätigkeiten“ übertragen worden seien. Die Mitarbeitervertretung hat dagegen behauptet, Frau A habe schwierige Tätigkeiten auszuüben. Als Tatsache ist nur der Umstand ersichtlich, dass sich die Tätigkeit der Frau A in der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie vollzieht. Das allein reicht nach der oben dargestellten Rechtslage nicht aus, um auf eine schwierige Aufgabe i.S. der Anmerkung 14 schließen zu können. Sonstige Tatsachen, aus denen sich erhellt, dass die der Frau A übertragenen Aufgaben unter die Anmerkung 14 fallen, liegen nicht vor. Als aus den allgemeinen Aufgaben i. S. von „schwierig“ herausragend können, wenn überhaupt, nur die Aufgabenteile „Kinder- und jugendpsychiatrische Pflege, einzelfallbezogene Behandlung und Betreuung“ (29% der Gesamttätigkeit) angesehen werden. Dieser Teil gibt der insgesamt übertragenen Tätigkeit schon mit Rücksicht auf die anderen Teilaufgaben nicht das Gepräge i.S. des § 12 Abs. 2 AVR.DW.EKD. Zudem ist nicht streitig, dass Frau A für die ihr übertragene Tätigkeit keine spezielle Fort- oder Weiterbildung benötigte.
2. Sonstige Umstände, aus denen folgen könnte, dass die Mitarbeitervertretung einen Grund hatte, die Zustimmung zur Eingruppierung der Frau A in EGr 7 Teil A Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern, liegen nicht vor.
3. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob die Begründung in der schriftlichen Zustimmungsverweigerung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. KGH.EKD, Beschluss vom 7. April 2008 - I-0124/N80-07 - ZMV 2008, S. 259) genügt.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).