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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:29.01.2007
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/M38-06
Rechtsgrundlage:MVG.K § 42 Nr. 1 - Einstellung -
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Nds. und der DW BS, H, OL und Schaumburg-Lippe - Kammer DW Hannover, Az.: 2 VR MVG 10/06, Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2007, S. 197
Schlagworte:Mitbestimmung bei der Beschäftigung gestellter Ärzte in einem Krankenhaus bei gleichzeitiger Beschäftigung von in einem Dienstverhältnis zu der Dienststelle stehenden Ärzten
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Leitsatz:

Für den Einsatz von Ärzten, die nicht bei der Dienstgeberin in einem Arbeitsverhältnis stehen - "Fremdfirmeneinsatz" - bei gleichzeitiger Beschäftigung von bei der Dienststelle angestellten Ärzte ist es jedenfalls im kirchlichen Bereich vom Normzweck her geboten, der Mitarbeitervertretung ein Mitspracherecht bei der Zusammensetzung des Personenkreises zu geben, der einen kirchlichen Auftrag, hier Behandlung kranker Menschen im ambulanten und stationären Bereich eines Krankenhauses, gemeinsam erfüllen (soll), sonach beruflich in der Diakonie tätig ist.

Tenor:

Die Beschwerde der Dienststellenleitung gegen den Beschluss der Schiedsstelle der Kon-föderation ev. Kirchen in Niedersachsen und der Diakonischen Werke Braunschweig, Hannover und Oldenburg - Kammer Diakonisches Werk Hannovers - vom 23. März 2006 - 2 VR MVG 10/06 - wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht nach § 42 Ziff. 1 MVG.K hinsichtlich der Beschäftigung von fünf namentlich benannten von dem Institut für Anästhesiologie gestellten Ärzten zusteht. Die Vorinstanz hat festgestellt, die Dienststellenleitung habe mit der Beschäftigung der fünf Ärzte das Beteiligungsrecht der Mitarbeitervertretung verletzt und dass diese Maßnahme unwirksam ist. Es liege eine "Einstellung" i.S.v. § 42 Ziff. 1 MVG.K vor. Die vom Institut für Anästhesiologie gestellten Ärzte seien genauso in den Dienst eingebunden wie die in den Diensten der Dienstgeberin verbliebenen Ärzte. Die Dienststellenleitung nehme die charakteristi-schen Arbeitgeberfunktionen für beide Gruppen wahr. Sie bestimme Ort und Zeit der geschuldeten Tä-tigkeit. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Dienststellenleitung.
II. Die Beschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen.
1. Die Entscheidung über die Statthaftigkeit, Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde richtet sich nach § 63 MVG.EKD. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 MVG.EKD bedarf die Beschwerde gegen Beschlüs-se der Kirchengerichte der Annahme durch den Kirchengerichtshof der EKD. Ist die Beschwerde nach § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 7 MVG.K (KABl. Hannover 2005 S. 71) "gegeben", ist gleichwohl über die Annahme der Beschwerde nach § 63 Abs. 2 MVG.EKD zu entscheiden. Eine solche Entscheidung ist nicht schon deswegen entbehrlich, weil die Beschwerde nach § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MVG.K "gege-ben" ist. Diese gliedkirchliche Rechtslage schließt nicht aus, dass der Kirchengerichtshof der EKD seinerseits über die Annahme zu entscheiden hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das MVG.EKD insoweit durch gliedkirchliches Recht mit der Folge geändert werden könnte, dass der Kirchenge-richtshof der EKD an das Gegebensein der Beschwerde gebunden wäre und nicht über die Annahme der Beschwerde zu entscheiden hätte. An einer Rechtsgrundlage für eine solche Änderung des Mitar-beitervertretungsrechts der Evangelischen Kirche in Deutschland durch gliedkirchliches Recht fehlt es.
2. Die Beschwerde ist nach § 63 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD anzunehmen, wenn 1. ernstliche Zwei-fel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, 2. die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, 3. der Beschluss von einer Entscheidung des Kirchengerichtshofs der EKD, einer Entscheidung eines o-bersten Landesgerichts oder eines Bundesgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 4. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem der Beschluss beruhen kann.
3. Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben.
Entgegen der Beschwerde bestehen im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der ange-fochtenen Entscheidung.
Während die Schiedsstelle darauf abgestellt hat, die Dienststellenleitung habe im Termin zur Anhö-rung der Beteiligten eingeräumt, die in der Beschlussformel genannten vom Institut für Anästhesiolo-gie gestellten Ärzte seien in den Dienst eingebunden wie die in der Dienststelle der Dienstgeberin ver-bliebenen angestellten Anästhesisten, beharrt die Beschwerde auf dem gegenteiligen Standpunkt. Sie leugnet unter Hinweis auf Rechtsprechung sowohl des Kirchengerichtshofs als auch staatlicher Ge-richte die Eingliederung der Ärzte in die betriebliche Arbeitsorganisation der Dienststelle. Das Institut organisiere seinen Einsatz oder den Einsatz der Anästhesie ausschließlich selbst. Die Organisation er-folge auf dem Hintergrund des im Krankenhaus Bethel anfallenden Bedarfs an Anästhesieleistungen. Sie erfolge in Abstimmung mit den Chirurgen, die ihre Vorstellungen dazu einbrächten, wann wer o-periert werden solle; sie erfolge nicht mit der Leitung der Dienstgeberin. Die Organisation erfolge durch Erstellung von Monatsplänen, wobei das Institut seine Vorstellungen und Vorgaben mit den Chirurgen abstimme.
Abgesehen davon, dass es als zweifelhaft erscheint, auf welcher rechtlichen Grundlage die bei der Dienstgeberin noch in einem Dienstverhältnis stehenden Anästhesisten dem Weisungsrecht des Insti-tuts unterliegen sollen, ist es für den "Fremdfirmeneinsatz" jedenfalls im kirchlichen Bereich vom Normzweck her geboten, der Mitarbeitervertretung ein Mitspracherecht bei der Zusammensetzung der Personen zu geben, die einen kirchlichen Auftrag, hier Behandlung kranker Menschen im ambulanten und stationären Bereich eines Krankenhauses, gemeinsam erfüllen (sollen), sonach beruflich in der Diakonie tätig sind. Dabei kann es auf die Unterscheidung nicht entscheidend ankommen, auf welcher rechtlichen Grundlage - Dienstvertrag i.S.v. AVR, Dienst- oder Werkvertragsbasis - die an der Erfül-lung des Auftrages beteiligten Personen tätig sind. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass eine Abson-derbarkeit der von den Anästhesisten des Instituts ausgeführten Arbeiten nicht i.d.S. vorliegt, dass eine abgrenzbare unternehmerische Tätigkeit des Instituts vorliegt, es geht um einen Teilaspekt der ärztli-chen Betreuung der zu behandelnden Patienten mit den damit einhergehenden Interdependenzen.
Grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage, Divergenz und/oder ein Ver-fahrensfehler sind nicht geltend gemacht.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).