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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.07.2004
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/K18-04
Rechtsgrundlage:BRAGO § 8 (noch zum alten Recht), BetrVG 1972 § 108, AVR.EKD § 32 Abs. 4
Vorinstanzen:Kirchengericht der EKD, Az.: I-2708/H35-03
Schlagworte:Streitwert für außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist
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Leitsatz:

Für die Festsetzung des Verfahrenswertes zur Gebührenberechnung ist auch in den Fällen der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO (altes Recht) auszzugehen und nicht auf § 12 ArbGG abzustellen. Dabei können der Amtsschutz als Mitglied der Mitarbeitervertretung und der besondere Kündigungsschutz nach § 32 AVR.EKD werterhöhend berücksichtigt werden. Auf die Rechtsprechung zur Wertfestsetzung in Verfahren nach § 103 BetrVG 1972 kann nicht zurückgegriffen werden.

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung wird der Beschluss des Kirchengerichts der Evangelischen Kirche in Deutschland - Erste Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten vom 5. Mai 2004 - Az.: I-2708/H35-03 abgeändert.
2. Der Verfahrenswert wird auf 9.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten haben um die Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Mitglieds der Mitarbeitervertretung gestritten. Der Mitarbeiter verdiente zuletzt etwa 4.500,- Euro brutto im Monat. Er genoss zudem Kündigungsschutz nach § 32 Abs. 4 AVR.EKD.
Die Erste Instanz hat dem Antrag der Dienststellenleitung mit Beschluss vom 29. Januar 2004 stattgegeben und die Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist ersetzt. Die hiergegen von der Mitarbeitervertretung eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2004 zurückgewiesen und gleichzeitig den Verfahrenswert auf 9.000,- Euro festgesetzt.
Das Kirchengericht des ersten Rechtszugs hatte den Verfahrenswert für seine Instanz bereits durch Beschluss vom 5. Mai 2004 auf 4.000,- Euro festgesetzt. Gegen diese Entscheidung, die am 14. Mai 2004 zugestellt worden ist, wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Mitarbeitervertretung mit ihrer am 27. Mai 2004 eingegangenen Beschwerde. Sie hält den Rückgriff auf den Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO für fehlerhaft und vertritt stattdessen die Auffassung, dass angesichts der Vergleichbarkeit mit Aufwand und Schwierigkeitsgrad eines Kündigungsrechtsstreits eine Analogie zu § 12 Abs. 7 ArbGG geboten sei. Billigem Ermessen würde nach ihrer Meinung daher vorliegend ein Gegenstandswert in Höhe von drei Monatsvergütungen des zu kündigenden Mitarbeiters entsprechen.
Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift verwiesen.
Die Dienststellenleitung hat sich zur Beschwerde nicht geäußert und mithin auch keinen Antrag gestellt.
II. Die von der Verfahrensbevollmächtigten der Mitarbeitervertretung aus eigenem Recht eingelegte Beschwerde ist statthaft und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch im übrigen zulässig. Sie ist auch begründet.
1. Die bereits am 27. Mai 2004 gegen den am 14. Mai 2004 zugestellten Beschluss vom 5. Mai 2004 eingelegte Beschwerde richtet sich nach altem Recht und nicht nach § 33 RVG, das erst seit dem 1. Juli 2004 in Kraft ist. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde. Das Verfahren nach § 10 BRAGO gilt auch für das kirchenrechtliche Verfahren (§ 22 Abs. 3 KiGG).
2. Die Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss war daher abzuändern.
Der Wertansatz folgt auch in den Fällen, in denen es um die Beteiligung der Mitarbeitervertretung bei einer Kündigung geht, nicht aus § 12 ArbGG, sondern aus § 8 Abs. 2 BRAGO, er ist jedoch - je nach Lage des Einzelfalles höher oder niedriger anzusetzen (vgl. KGH.EKD vom 6. Juli 2004 - II-0124/K4-04). Auf den Hilfswert allein kann nur zurückgegriffen werden, wenn es an anderen wertgebenden Umständen wie Umfang, Schwierigkeit oder Bedeutung der Rechtssache fehlt.
Der Streitwert um die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines "betriebsbedingt unkündbaren" Mitarbeiters ist höher zu bewerten als der um die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung. Gleiches gilt für den Fall der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Kündigung eines ihrer Mitglieder. In einem solchen Fall ist zwar keine Wertfestsetzung entsprechend der vor den Gerichten für Arbeitssachen in Verfahren nach § 103 BetrVG geboten. Dies scheidet schon deshalb aus, weil die Ersetzung der Zustimmung durch das Kirchengericht keine Bindungs- oder auch nur Präklusionswirkung gegenüber dem Mitarbeiter hat. Gleichwohl führt auch dieser Umstand in der Regel dazu, vom Hilfswert des § 8 Abs. 2 BRAGO nach oben abzuweichen. Beide Umstände können kumulieren. Dabei geben die letzten Bezüge des Mitarbeiters andererseits auch eine Wertgrenze im Sinne einer Höchstbewertung ab. Unter Abwägung der vorliegend zu berücksichtigenden Umstände hält der Senat vorliegend einen Wert von 9.000,- Euro für angemessen.
III. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Über die außergerichtlichen Auslagen war nicht zu entscheiden, weil in Beschwerdeverfahren nach § 10 Abs. 3 BRAGO keine Kosten erstattet werden. Es handelt sich nicht um einen Parteienstreit.