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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:13.01.2000
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/D29-99
Rechtsgrundlage:MVG.K § 62 Abs. 1 Nr.16, § 62 Abs. 6, § 65 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 48, § 49 VGG.EKD § 13 Abs. 2, BRAGO § 8 Abs. 2
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Kammer des Diakonischen Werkes Oldenburg, Az.: SI-2/98; Fundstelle: ZMV 5/00, S. 298
Schlagworte:Nichtdurchführung der Mitbestimmung in organisatorischen /sozialen Angelegenheiten
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Leitsatz:

1. Die Schiedsstelle kann mit Antrag festzustellen, daß die Dienststelle das Mitbestimmungsrecht nach § 40 Nr. 4 oder 5 MVG.K verletzt habe, nicht schon dann angerufen werden, wenn die Mitbestimmung lediglich mangels Einigung nicht durchgeführt wird.
2. Es bleibt unentschieden, ob § 62 Abs. 6 MVG.K, wonach die Schiedsstelle die fehlende Einigung in den Fällen der §§ 40, 41 MVG.K ersetzt, als abschließende Sonderregelung mit der Folge zu verstehen ist, daß daneben keine Zuständigkeit der Schiedsstelle für eine Entscheidung über rechtliche Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte aus den §§ 40, 41 MVG.K besteht.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der Schiedsstelle der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 14. Juni 1999 - Az.: SI-2/98 - wird zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird auf DM 8.000,-- festgesetzt.

Gründe:

I. In der vom beteiligten Diakonischen Werk betriebenen Einrichtung hatte die antragstellende Mitarbeitervertretung der versuchsweisen Neufestsetzung der - aus der Sicht der Dienststelle - bedarfsgerechten Dienstzeiten des Pflegepersonals versuchsweise bis zum 30. April 1998 zugestimmt. Für die anschließende Zeit setzte die Dienststellenleitung die Dienstzeiten für die genannten Mitarbeiter weiterhin fest. Die Mitarbeitervertretung wurde hieran zunächst nicht förmlich beteiligt und rief deswegen die Schiedsstelle (§ 59 MVG.K) mit dem angekündigten Antrag auf Unterlassung des mitbestimmungswidrigen Verhaltens der Dienststelle an. In der Einigungsverhandlung vor dem Vorsitzenden vereinbarten die Beteiligten u.a., daß die Dienststelle der Mitarbeitervertretung die Dienstpläne ab 1. Februar 1999 bis auf weiteres zuleitet und daß die Beteiligten in Verhandlungen über eine Dienstvereinbarung "Arbeitszeiten" eintreten, die bis zum 23. Februar 1999 abgeschlossen sein sollten. Die Beteiligten einigten sich weder über den Entwurf einer Dienstvereinbarung über Arbeitszeiten, den die Dienststelle vorgelegt hatte, noch über den Entwurf einer Rahmenvereinbarung zur Erstellung von Dienstplänen, den die Mitarbeitervertretung eingebracht hatte.
Im sodann fortgesetzten Schlichtungsverfahren macht die Mitarbeitervertretung geltend, die Dienststelle verletze das Mitbestimmungsrecht des § 40 Nr. 4 und 5 MVG.K, indem sie weiterhin Dienstpläne ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung aufstelle. Die Einsicht in die bisherigen Dienstpläne benötige sie, um prüfen zu können, ob die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Arbeitszeit richtig behandelt worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Antragstellerin, insbesondere die vom 4. September 1998 und vom 3. Mai 1999, Bezug genommen.
Die Mitarbeitervertretung hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, daß der Antragsgegner (Dienststelle) mit der Festlegung der Schichtzeiten und mit der Zuordnung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schichten ab 1. April 1998 das Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin verletzt hat;
2. festzustellen, daß der Antragsgegner (Dienststelle) verpflichtet ist, der Antragstellerin die Dienstpläne nach Ablauf des Planungszeitraumes zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, wenn die Antragstellerin die Einsichtnahme zur Kontrolle der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften und der gleichmäßigen Verteilung der Arbeitsbelastung verlangt.
Die Dienststelle hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen, weil sie ihrer Ansicht nach nicht begründet sind. Wegen der Einzelheiten wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen, > Die Schiedsstelle hat durch ihren Beschluß vom 14. Juni 1999 den Feststellungsantrag zu 1. als unzulässig verworfen und dem Feststellungsantrag zu 2. stattgegeben.
Gegen diesen ihr am 7. Juli 1999 zugestellten Beschluß hat die Mitarbeitervertretung am 3. August 1999 Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung hat sie mit Schriftsatz vom 23. August 1999 ausgeführt, die Schiedsstelle habe den Feststellungsantrag zu 1. zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Bereits aus der Zulässigkeit der Beschwerde nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 MVG.K ergebe sich, daß der Rechtsweg für eine Streitigkeit darüber eröffnet sei, ob eine Maßnahme der Mitberatung oder Mitbestimmung unterliege.
Sie beantragt,
unter Abänderung der Entscheidung der Schiedsstelle der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 14. Juni 1999 - Az.: SI-2/98 - 1. festzustellen, daß der Antragsgegner (Dienststelle) mit der Festlegung der Schichtzeiten und mit der Zuordnung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Schichten ab 1. Mai 1998 das Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin verletzt hat.
Die Dienststelle beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält sie nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 27. September 1999 für unbegründet.
II. Die zulässige Beschwerde der Mitarbeitervertretung hat in der Sache keinen Erfolg. Der in die Beschwerde gelangte Feststellungsantrag (ehedem: zu 1.) ist unzulässig, weil die Schiedsstelle - wie sie richtig erkannt hat - für diesen Antrag nicht zuständig ist.
Die Zuständigkeit der Schiedsstelle für die begehrte Feststellung könnte sich, wenn überhaupt, nur aus § 62 Abs. 1 Nr. 16 MVG.K ergeben. Hiernach entscheidet die Schiedsstelle auf Antrag über Meinungsverschiedenheiten in Fällen der Mitbestimmung (§§ 39 bis 43 und 45 MVG.K). In den Fällen der Mitbestimmung nach den §§ 40 und 41 MVG.K ersetzt die Entscheidung der Schiedsstelle die nichterteilte Zustimmung der Mitarbeitervertretung (§ 62 Abs. 6 Satz 1 MVG.K). Damit sieht das Gesetz eine besondere Entscheidungskompetenz der Schiedsstelle vor. Um einen Antrag i.S. des § 62 Abs. 6 MVG.K handelt es sich vorliegend nicht. Ob § 62 Abs. 6 MVG.K als abschließende Sonderregelung mit der Folge zu verstehen ist, daß daneben keine Zuständigkeit der Schiedsstelle für eine Entscheidung über Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Fragen gegeben ist, ob eine Maßnahme im Einzelfall der Mitberatung oder der Mitbestimmung unterliegt (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 1 MVG.K) oder welche Rechte und Pflichten den Beteiligten im Einzelfall aus der Mitberatung oder Mitbestimmung erwachsen (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 2 MVG.K), erscheint fraglich. Diese Frage kann hier offenbleiben.
Selbst wenn man eine solche Zuständigkeit der Schiedsstelle neben § 62 Abs. 6 MVG.K als rechtlich möglich unterstellt, erweist sich der vorliegende Feststellungsantrag als unzulässig. Denn auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr ist die Dienststelle ihrer Verpflichtung aus § 40 Nr. 4 bzw. 5 MVG.K jedenfalls für die Zeit ab 1. Mai 1998 nicht nachgekommen, ohne daß sich die Meinungsverschiedenheit auf rechtliche Fragen nach dem "Ob" oder dem "Wie" der Mitbestimmung (vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MVG.K) in Angelegenheiten nach § 40 Nr. 4 und /oder 5 MVG.K bezieht. Die Dienststelle stellt ihre Verpflichtung aus diesen Bestimmungen rechtlich nicht in Frage. Vielmehr sind die Beteiligten über die wechselseitigen Entwürfe für Dienstvereinbarungen lediglich nicht zu einer Einigung gekommen.
In solcher Situation bleibt der Mitarbeitervertretung nur, ihr Initiativrecht nach § 48 MVG.K zu ergreifen bzw. von ihrem Beschwerderecht nach § 49 MVG.K Gebrauch zu machen, wenn ihre Gegenvorstellungen erfolglos bleiben. Auch hierauf hat die Schiedsstelle zutreffend hingewiesen.
Von einer Kostenentscheidung wurde gemäß § 13 Abs. 2 VGG.EKD abgesehen; die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht bei unterstelltem Antrag auf § 8 Abs. 2 BRAGO.