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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.04.1997
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/B1-97
Rechtsgrundlage:MVG-K § 14 Abs. 1 Satz 1, BetrVG § 19 Abs. 2 Satz 1, BPersVG § 25
Vorinstanzen:Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen, Az.: 2072 2 24/96; Fundstellen: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 20/98 S. 1135; Die Mitarbeitervertretung 4/97 S.188; Rechtssprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 2000, S.40
Schlagworte:Mindestzahl der Dienstnehmer bei Wahlanfechtung
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Leitsatz:

Die Mindestzahl der drei wahlberechtigten Dienstnehmern muß während des gesamten Wahlanfechtungsverfahrens, also auch in der Beschwerdeinstanz, erhalten bleiben (im Anschluß an BAG und BVerwG).

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) gegen den Beschluß der Schiedsstelle der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen vom 17. Januar 1997 -2072-2-24/96 - wird als unzulässig verworfen.
Die Dienststelle D und der Diakonieverband F haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 8.000,- (achttausend) DM festgesetzt.

Gründe:

I. Bei der Dienststelle D und dem Diakonieverband F wurde am 29. April 1996 die Wahl zur Gemeinsamen Mitarbeitervertretung durchgeführt. Das Wahlergebnis wurde am folgenden Tage bekanntgemacht.
Der Antragsteller zu 1) hat die Wahl mit Schriftsatz vom 7. Mai 1996, eingegangen bei der Schiedsstelle am 9. Mai, angefochten. Auf Seite 3 des Schriftsatzes findet sich unter der Unterschrift des Antragstellers zu 1) der folgende Zusatz:
"Die vorstehende Wahlanfechtung wird von uns uneingeschränkt unterstützt."
Es folgend sodann die Unterschriften von den Antragstellern zu 2) und 3).
Die Antragsteller haben beantragt,
die Schiedsstelle möge nach § 14 Abs. 1 Satz 3 MVG die aufschiebende Wirkung der Wahlanfechtung anordnen und darüber hinaus das Wahlergebnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 MVG für ungültig erklären.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Schiedsstelle hat den Antrag durch Beschluß vom 17. Januar 1997 als unzulässig abgewiesen, weil er nicht von drei wahlberechtigten Mitarbeitern im Sinne des § 14 Abs. 1 MVG-K gestellt worden sei.
Die Schiedsstelle ist mit näherer Begründung zu dem Ergebnis gelangt, die Antragsschrift vom 7./8.5.1996 lasse objektiv verschiedene Interpretationsmöglichkeiten offen, ohne daß aus der Sicht des Erklärungsempfängers (der Schiedsstelle) bei Eingang am 9. Mai 1996 eindeutig erkennbar gewesen sei, ob damit die Voraussetzung des § 14 MVG (Anfechtung durch drei Dienstnehmer) erfüllt war oder nicht. Wegen fehlender Eindeutigkeit habe der Antrag auf Wahlanfechtung daher als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.
Gegen den Beschluß haben die Antragsteller zu 1) und 2) mit getrennten Schriftsätzen vom 24. Januar 1997, eingegangen am 27. Januar, Rechtsmittel eingelegt. Der Antragsteller zu 3) hat sich am weiteren Verfahren nicht mehr beteiligt.
Die Antragsteller zu 1) und 2) (Beschwerdeführer zu 1) und 2)) wenden sich gegen die Auslegung der Erklärungen der Antragsteller zu 2) und 3) durch die Schiedsstelle. Sie machen geltend, die Schiedsstelle hätte die Erklärungen ebenfalls als Wahlanfechtung würdigen müssen. Die Antragsteller zu 1) und 2) beantragen,
den Beschluß der Schiedsstelle vom 17. Januar 1997 (2072-2-24/96) aufzuheben und die Sache an die Schiedsstelle zur Entscheidung in der Sache zurückzuverweisen.
Die Antragsgegnerin (Beschwerdeführerin) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist an sich statthaft nach § 65 Abs. 1 Nr. 5 MVG-K. Gleichwohl mußte sie als unzulässig verworfen werden, weil es in der Beschwerdeinstanz an einer unverzichtbaren Verfahrensvoraussetzung, nämlich der Antragsberechtigung, fehlte.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MVG-K kann die Wahl - abgesehen von weiteren Voraussetzungen, auf die es hier nicht ankommt - nur von mindestens drei Wahlberechtigten angefochten werden. Die genannte Vorschrift entspricht insoweit dem § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und dem § 25 BPersVG. Da Normzweck und Interessenlage in allen gesetzlich geregelten Fällen gleich sind, bestehen keine Bedenken, die zur Frage der Antragsberechtigung bei der Wahlanfechtung ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auch bei der Lösung des vorliegenden Konfliktfalles als Entscheidungshilfe heranzuziehen.
Das Bundesarbeitsgericht betrachtet die Antragsberechtigung im Beschlußverfahren als Verfahrensvoraussetzung und verlangt deshalb, daß diese im Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung der Beteiligten, also auch noch in der Rechtsmittelinstanz, vorliegen muß (BAG, B. v. 21. November 1975 - 1 ABR 12/75 = AP Nr. 6 zu § 118 BetrVG 1972, zu II 1 b der Gründe). So hat es bei Wahlanfechtungen mehrfach darauf hingewiesen, daß die Anfechtung während der gesamten Dauer des Beschlußverfahrens von mindestens drei Arbeitnehmern getragen werden muß und die Arbeitnehmer während dieser Zeit auch antragsberechtigt bleiben müssen (BAG st., vgl. nur B. v. 4. Dezember 1986 - 6 ABR 48/85 - BAGE 53, 385, 392 = AP Nr. 13 zu § 19 BetrVG 1972, zu II 4 b der Gründe). Begründet wird dieses Ergebnis mit dem Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Nach dem Gesetz sei zur Wahlanfechtung befugt nur eine Gruppe von mindestens drei Arbeitnehmern, die stellvertretend ein kollektives Interesse der Arbeitnehmerschaft an ordnungsgemäßen Wahlablauf verfolge. Sinke die Zahl der Anfechtenden während der Dauer des Verfahrens auf weniger als drei Arbeitnehmer ab, so entfalle das Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Verfahrens (BAG, B. v. 14. Februar 1978 - 1 ABR 46/77 - BAGE 30, 114, 116 = AP Nr. 7 zu § 19 BetrVG 1972, zu II 1 a der Gründe). Als Konsequenz dieser Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht den Standpunkt eingenommen, daß der Antrag auf Wahlanfechtung unzulässig werde, wenn von zunächst drei Arbeitnehmern im Rechtsmittelverfahren nur noch zwei den Antrag weiterverfolgen (BAG, B. v. 8. Dezember 1981 - 1 ABR 71/79 = AP Nr. 25 zu § 76 BetrVG 1972, zu B I 3 der Gründe).
Auch das Bundesverwaltungsgericht verlangt, daß die Mindestzahl von drei wahlberechtigten Beschäftigten während des gesamten Wahlanfechtungsverfahrens, also auch in den Rechtsmittelinstanzen, erhalten bleibt (Söllner/Reinert, Personalvertretungsrecht, 2. Aufl. 1993, S. 110 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG).
Die Kammer schließt sich der überzeugenden Begründung der beiden Bundesgerichte an.
Da die Beschwerde gegen den Beschluß der Schiedsstelle nur von den Antragstellern zu 1) und 2) eingelegt und verfolgt worden ist, während der Antragsteller zu 3) sich am weiteren Verfahren nicht mehr beteiligt hat, fehlt es in der Beschwerdeinstanz mangels Rechtsschutzinteresses an der Antragsberechtigung zur Wahlanfechtung. Das mußte zur Verwerfung der Beschwerde als unzulässig führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD, die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 8 Abs. 2 BRAGO.