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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.09.1996
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/A8-96
Rechtsgrundlage:MVG.EKD §§ 30, 25 Abs. 2, 31 Abs. 3, 60 Abs. 1 Buchst. l, 61 Abs. 3 Satz 3, 63 Abs. 1 VwGO § 130 Abs. 1 Nr. 2
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem MVG in der Ev. Kirche von Westfalen, Az.: 1 M 37/95; Fundstelle: Die Mitarbeitervertretung 2/97 S.87
Schlagworte:Entscheidung des oder der Vorsitzenden nach § 61 Abs. 3 Satz 3 MVG.EKD
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Leitsatz:

Die Entscheidung des oder der Vorsitzenden nach § 61 Abs. 3 Satz 3 MVG.EKD bei einem Streit wegen der Kostenübernahme für einen Beistand ist abschließend. Ein Rechtsmittel ist dagegen nicht gegeben.

Tenor:

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle der Ev. Kirche von Westfalen vom 24. April 1996 - 1 M 37/95 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die antragstellende Mitarbeitervertretung hatte sich mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1995 an die Schlichtungsstelle gewandt zur Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nach § 60 Abs. 1 Buchst. s und Abs. 6 MVG.EKD (Meinungsverschiedenheiten über Vorschläge der Mitarbeitervertretung; Az. 1 M 36 (31) /95). Mit Schreiben vom 14. November 1995 beantragte sie bei der Dienststellenleitung die Kostenübernahme für einen Rechtsanwalt, da es um wichtige und schwierige Fragen gehe und die Dienststellenleitung sich ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lasse. Die Dienststellenleitung lehnte die Kostenübernahme am 27. November 1995 ab. Daraufhin hat die Mitarbeitervertretung - und das ist der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens - mit Schriftsatz vom 28. November 1995 die Schlichtungsstelle angerufen und die Feststellung beantragt, daß die Weigerung der Dienststelle, die Kosten für einen Rechtsanwalt zu übernehmen, rechtswidrig und ermessensfehlerhaft sei.
Die Dienststellenleitung hat die Zurückweisung des Antrags verlangt. Sie hat bestritten, für sich zur Vertretung im Verfahren einen Rechtsanwalt hinzugezogen zu haben.
Durch Beschluß vom 24. April 1996 hat die Schlichtungsstelle den Antrag der Mitarbeitervertretung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Dienststelle sei nicht rechtswidrig, denn für die Mitarbeitervertretung habe zu keinem Zeitpunkt die Notwendigkeit anwaltlichen Beistands vorgelegen. Zur Erörterung mit den Beteiligten vor der Schlichtungsstelle hätten nämlich nicht die dem Verlangen der Mitarbeitervertretung in der Sache zugrundeliegenden schwierigen Rechtsfragen gestanden, sondern allein Fragen der Zulässigkeit des Begehrens der Mitarbeitervertretung und des Fortganges des Schlichtungsverfahrens. Diese Verfahrensfragen habe die Mitarbeitervertretung aus dem Mitarbeitervertretungsgesetz beantworten können, sie hätten keinen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen, der anwaltlichen Beistand erforderlich gemacht habe.
Gegen den ihr am 9. Mai 1996 zugestellten Beschluß hat die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 4. Juni 1996, eingegangen am 7. Juni, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Feststellungsbegehren weiterverfolgt.
Die Dienststellenleitung hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde konnte aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben. Es fehlt ihr bereits an der Statthaftigkeit: über die Notwendigkeit der Kosten für einen Beistand im laufenden Schlichtungsverfahren entscheidet der oder die Vorsitzende der Kammer nach § 61 Abs. 3 Satz 3 MVG.EKD endgültig. Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde nicht gegeben.
1. Nach § 30 Abs. 1 MVG.EKD stellt die Dienststelle für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung der Mitarbeitervertretung die erforderlichen Räume und den Geschäftsbedarf zur Verfügung. Die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden erforderlichen Kosten trägt die zuständige Dienststelle. Kosten, die durch die Beiziehung sachkundiger Personen nach § 25 Abs. 2 und § 31 Abs. 3 entstehen, werden von der Dienststelle übernommen, wenn die Dienststellenleitung der Kostenübernahme vorher zugestimmt hat (§ 30 Abs. 2 MVG.EKD). Nach § 25 Abs. 2 kann die Mitarbeitervertretung zu einzelnen Punkten der Tagesordnung ihrer Sitzung sachkundige Personen einladen, nach § 31 Abs. 3 kann sie zu einzelnen Tagesordnungspunkten einer Mitarbeiterversammlung sachkundige Personen zur Beratung hinzuziehen. Kommt es wegen der Kosten für die Beiziehung sachkundiger Personen zwischen den Beteiligten zu Streitigkeiten, können sie die Schlichtungsstelle anrufen (§ 30 Abs. 6 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Buchst. l MVG.EKD). Gegen deren Entscheidung ist, wie aus § 63 Abs. 1 Buchst. c MVG.EKD folgt, das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben.
Kommt es zur Verhandlung vor der Schlichtungsstelle, wobei es keinen Unterschied macht, aus welchem der vom Gesetz aufgeführten Gründe dies geschieht, können die Beteiligten nach § 61 Abs. 3 Satz 1 MVG.EKD einen Beistand hinzuziehen. Hält die Mitarbeitervertretung einen Beistand für erforderlich, muß sie zuvor die Übernahme der durch die Beiziehung entstehenden Kosten bei der Dienststellenleitung beantragen (Abs. 3 Satz 2). Lehnt die Dienststellenleitung die Kostenübernahme ab, entscheidet der oder die Vorsitzende der Kammer den Streitfall (Abs. 3 Satz 3). Diese Entscheidung ist abschließend und für die Beteiligten für das gesamte Verfahren bindend. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Das Mitarbeitervertretungsgesetz unterscheidet klar zwischen den Kosten, die durch die Beiziehung sachkundiger Personen seitens der Mitarbeitervertretung für ihre Sitzungen und für Mitarbeiterversammlungen entstehen, und den Kosten, die durch die Hinzuziehung eines Beistands seitens der Mitarbeitervertretung als Beteiligter in einem bereits eingeleiteten Schlichtungsverfahren entstehen. Im ersten Fall handelt es sich um Kosten der Geschäftsführung der Mitarbeitervertretung; ihre Regelung ist im VI. Abschnitt des Gesetzes getroffen, der die Überschrift "Geschäftsführung" (der Mitarbeitervertretung) trägt. Im zweiten Fall handelt es sich dagegen um Verfahrenskosten (gemäß § 61 Abs. 9 Satz 1 MVG.EKD). Ihre Regelung findet sich im XI. Abschnitt des Gesetzes, der den kirchlichen Rechtsschutz im allgemeinen und in § 61 die Durchführung des Schlichtungsverfahrens im besonderen zum Inhalt hat.
Diese rechtssystematisch klare Trennung nimmt das Gesetz auch bei der Einräumung eines Rechtsmittels vor. Während die Bestimmung des § 30 Abs. 6 MVG.EKD, die Teil des Abschnitts "Geschäftsführung" der Mitarbeitervertretung ist, bei Streitigkeiten über die Kosten der Geschäftsführung die Anrufung der Schlichtungsstelle ermöglicht, kennt § 61 Abs. 3 MVG.EKD nur die Entscheidung des oder der Vorsitzenden der Schlichtungsstelle. In § 63 Abs. 1 MVG.EKD, der das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Beschlüsse der Schlichtungsstelle in den dort abschließend aufgezählten Fällen gibt, ist zwar unter dem Buchst. c der Bereich "Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Mitarbeitervertretung" aufgeführt, der besondere Tatbestand der Entscheidung des oder der Vorsitzenden nach § 61 Abs. 3 Satz 3 MVG.EKD fehlt jedoch. Er ist in der Enumeration nicht enthalten.
2. Diese begrifflich-systematische Überlegung wird bekräftigt durch einen Blick auf Sinn und Zweck der Regelung des § 61 Abs. 3 Satz 3 MVG.EKD. Kommt es seitens der Mitarbeitervertretung zur Anrufung der Schlichtungsstelle, ist das Anliegen der Mitarbeitervertretung im Normalfall bereits eingehend erörtert und wird der Schlichtungsstelle schriftlich vorgetragen. Auch der weitere Beteiligte hat seinen Standpunkt schriftlich formuliert oder wird hierzu durch den oder die Vorsitzende aufgefordert (§ 61 Abs. 4 Satz 1 MVG.EKD). In dieser Lage ist es dem oder der Vorsitzenden als Persönlichkeit mit besonderen Kenntnissen (Richterqualifikation) und Erfahrungen auf dem Gebiet des Rechts der Arbeitnehmervertretung möglich, den Schwierigkeitsgrad des Verfahrens zu beurteilen und die Frage zu beantworten, ob die Hinzuziehung eines Beistands zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich ist. Hierbei wird die einschlägige Rechtsprechung (vgl. nur BAG B. vom 26. November 1974 - 1 ABR 16/74 - AP Nr. 6 zu § 20 BetrVG 1972) beachtet werden sowie auch zu überlegen sein, daß der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit als Niederschlag des Gedankens der Dienstgemeinschaft hier besondere Bedeutung erlangen kann, weil es sich meist um erhebliche Kosten handelt, die durch die Beiziehung entstehen (so zutreffend Bach/ Grote/Lötschert/Doering/Kruska/Maethner/Olechnowitz, Mitarbeitervertretungsgesetz für den Bereich der Ev. Kirchen und Diakonischen Werke in Rheinland, Westfalen und Lippe, § 61 Rdn. 3.2).
Hinzukommt, daß die abschließende Entscheidung des oder der Vorsitzenden der Beschleunigung des Verfahrens dient.
3. Daß die Schlichtungsstelle vorliegend die Entscheidung über die Notwendigkeit der Kostenübernahme getroffen hat, während das Gesetz die Entscheidung durch den Vorsitzenden vorsieht, kann an der Bestandskraft des angefochtenen Beschlusses nichts ändern. Ein verfahrensrechtliches "Mehr" bedeutet keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 2 VwGO.