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Kirchengericht:Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:30.05.1996
Aktenzeichen:VerwG.EKD 0124/A5-96
Rechtsgrundlage:MVG.EKD §§ 62, 63, VGG.EKD §§ 3, 16
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, Az.: 4/96; Fundstellen: Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der EKD 1998 S. 25; Die Mitarbeitervertretung 2/97 S.83
Schlagworte:Einstweilige Anordnung in Eilfällen
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Leitsatz:

1. Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 62 MVG.EKD geltend entsprechend die gleichen Voraussetzungen wie für § 123 VwGO und §§ 935, 940 ZPO.
2. Trifft der Vorsitzende der Kammer in einem Eilfall eine einstweilige Anordnung nach § 62 MVG.EKD, so handelt es sich bei seinem Beschluß rechtssystematisch um eine Entscheidung der Schlichtungsstelle. Gegen einen solchen Beschluß ist die Beschwerde im Rahmen des § 63 Abs. 1 MVG.EKD in gleicher Weise statthaft wie gegen einen Beschluß der vollbesetzten Kammer der Schlichtungsstelle.

Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der Schlichtungsstelle der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 5. Februar 1996 - 4/96 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach billigem Ermessen den Antragsgegnern zu 1) und 2) je zur Hälfte auferlegt.
3. Der Gegenstandswert wird auf 8.000,- DM festgesetzt

Gründe:

I. Die Antragstellerin greift mit ihrer Beschwerde eine durch den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle im Eilverfahren ergangene Entscheidung an. Zwischen den Beteiligten herrscht Streit darüber, ob der Antragstellerin ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht im Zusammenhang mit der Gründung der Diakoniestiftung A zusteht. In erster Linie geht der Streit darum, ob die Zurückweisung des Antrags durch den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle im Eilverfahren ergehen durfte und ob gegen seine Entscheidung das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist.
Die Diakoniestiftung, die Beteiligte zu 3), nahm am 1. November 1995 ihre Geschäftstätigkeit auf. Stiftungsrat und Stiftungsvorstand wurden bereits am 30. Mai 1995 gewählt. Die staatliche Anerkennung der Stiftung erfolgte durch Bescheid vom 2. Oktober 1995. Die Rechtsform ist die einer rechtsfähigen Stiftung des Bürgerlichen Rechts i.S. von §§ 80 ff BGB. Entsprechende Beschlüsse des Kirchenvorstands, des Kirchenkreises A und des Nordelbischen Kirchenamts waren am 10. Mai 1995 und am 4. Juli 1995 vorausgegangen. Nach der Präambel der Satzung der Beteiligten zu 3) dient die Stiftung der Erhaltung, Förderung und Entwicklung der Altenhilfe, die sich bis zur Gründung dieser Stiftung in gemeindlichen Trägerschaften befand. Die Beteiligten zu 4) bis 9) im Beschwerdeverfahren sind als evangelisch-lutherische Kirchengemeinden Trägerinnen bzw. Mitträgerinnen von Altenpflegeeinrichtungen, die zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf die Stiftung übergegangen bzw. übergeleitet worden sind. Es handelt sich um vier Altenpflegeheime mit insgesamt etwa 300 Dienstnehmern.
Die Mitarbeitervertretung, die Beteiligte zu 1), wandte sich mit einem am 23. Januar 1996 eingegangenen Schriftsatz vom 18. Januar 1996 an die Schlichtungsstelle. Diese wurde um "ein Eilverfahren" ersucht. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich aus einem Verstoß gegen die eingeschränkte Mitbestimmung im Zuge der Betriebsübergänge der gemeindeeigenen Altenheime auf die Diakoniestiftung A. Im Betreff dieses Schriftsatzes ist ausdrücklich von einem "Eilantrag auf Schlichtung gemäß § 60 I Buchst. q" die Rede, wobei sowohl "Eilverfahren" als auch "Eilantrag" durch Fettdruck hervorgehoben worden sind (Bl. 53 d.A.). Mit Schriftsatz vom 19. Januar 1996, der ebenfalls am 23. Januar 1996 eingegangen ist, hat die Beteiligte zu 1) den Antrag im einzelnen begründet. Sie verwendet im Betreff erneut den Ausdruck "Eilantrag", der wiederum durch Fettdruck hervorgehoben worden ist.
Die Mitarbeitervertretung hat die Feststellung begehrt, daß die Betriebsübergänge wegen Verstoßes gegen §§ 34, 38 MVG.EKD rechtsunwirksam sind. Sie hat weiter die umgehende Einleitung des Verfahrens nach § 38 MVG.EKD verlangt.
Sie hat vorgetragen, die für ihre Arbeit notwendigen Informationen seien ihr nicht rechtzeitig erteilt und ihre Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen sei nicht beantragt worden. Eine Vereinbarung zum Erhalt der Beteiligungsrechte sei abgelehnt worden. Insgesamt stelle das Verhalten der Dienststellenleitung einen groben Verstoß gegen ihre Verpflichtung aus § 34 Abs. 1 MVG.EKD dar.
Der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) haben die Auffassung vertreten, Feststellungsbegehren und Verpflichtungsbegehren seien unbegründet. Ein Mitberatungsrecht nach § 46 Buchst. a) MVG.EKD sei nicht gegeben, weil kein Fall der Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder erheblichen Teilen von ihnen vorliege. Es habe lediglich eine Übernahme von Einrichtungen der Beteiligten zu 4) bis 9) stattgefunden, mithin ein Wechsel in der Trägerschaft. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse regele sich nach § 613 a BGB. Wegen ihrer rechtlichen Selbständigkeit nach § 80 BGB gehöre die Diakoniestiftung A rechtlich nicht zum Kirchenkreis A, so daß die für diesen Kirchenkreis gebildete Mitarbeitervertretung, die Beteiligte zu 1), für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beteiligten zu 3) ohnehin nicht zuständig sei.
Die Schlichtungsstelle der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche hat den Antrag durch ihren Vorsitzenden durch Beschluß vom 5. Februar 1996 zurückgewiesen. Sie hat das Begehren der Antragstellerin als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung aufgefaßt. Sie hat ausgeführt, die Feststellung, ob ein bestimmtes Mitbestimmungsrecht bestehe, könne nicht im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, sondern nur im Hauptsacheverfahren getroffen werden. Bei einer einstweiligen Anordnung gehe es um vorläufigen Rechtsschutz. Die Entscheidung in der Hauptsache dürfe dabei aber nicht vorweggenommen werden. Im übrigen komme eine einstweilige Anordnung ohnehin nur in Betracht, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, daß der Antragstellerin das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht zustehe. Das sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Buchst. a) MVG.EKD seien nicht gegeben, denn hier seien Betriebsteile durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergegangen, so daß ein Anwendungsfall von § 613 a BGB vorliege. Blieben aber nach dieser Vorschrift die Arbeitsverhältnisse der vom Übergang betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unangetastet und entstünden mithin keine Nachteile durch den Wechsel ihres Anstellungsträgers, sei ein Tatbestand von Auflösung oder Einschränkung der Dienststelle ausgeschlossen.
Gegen die am 28. Februar 1996 zugestellte Entscheidung der Schlichtungsstelle hat die Mitarbeitervertretung mit einem am 27. März 1996 eingegangenen Schriftsatz vom 25. März 1996 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
Die Beschwerdeführerin verfolgt ihr Feststellungsbegehren bezüglich der eingeschränkten Mitbestimmung weiter. Sie begehrt nunmehr außerdem die Feststellung, daß die Weigerung des Kirchenkreises (Beteiligter zu 2), mit ihr (der Beteiligten zu 1) eine Dienstvereinbarung über ein Übergangsmandat abzuschließen, rechtswidrig ist.
Die Beschwerdeführerin hält den Rechtsweg zu dem Verwaltungsgericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten für zulässig. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergebe sich nicht nur aus dem MVG.EKD, sondern auch aus dem System des Rechtsschutzes gegen einstweilige Anordnungen nach der VwGO. Daß der Vorsitzende der Schlichtungsstelle allein entschieden habe, rechtfertige kein anderes Ergebnis.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hat der Vorsitzende der Schlichtungsstelle den Antrag zu Unrecht als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ausgelegt. Dieser sei zwar als Eilantrag bezeichnet worden, sei aber auf eine endgültige Entscheidung und nicht nur auf eine vorläufige Regelung gerichtet gewesen. Die mit einer einstweiligen Anordnung abzuwendenden Nachteile seien ohnehin mittels einer Eilentscheidung nicht mehr abzuwenden gewesen. Der Antrag sei nur deswegen als Eilantrag bezeichnet worden, um eine bevorzugte Behandlung der Sache zu erreichen.
Die Anträge seien auch weiterhin zulässig. Das Rechtsschutzinteresse folge daraus, daß die Überleitung von zwei weiteren gemeindeeigenen Altenheimen sowie einer Sozialstation auf die Beteiligte zu 3) absehbar sei. Die Frage, ob der Tatbestand der eingeschränkten Mitbestimmung erfüllt sei, müsse mithin erneut beantwortet werden. Das Rechtsschutzinteresse für das Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weigerung, eine Dienstvereinbarung über ein Übergangsmandat abzuschließen, sei danach ebenfalls zu bejahen.
Die Anträge seien auch begründet. Die Auffassung, daß hier kein Fall von Auflösung bzw. Einschränkung einer Dienststelle vorliege und daß der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits unmittelbar durch § 613 a BGB gewährleistet sei, werde von ihr nicht geteilt. In den Fällen der eingeschränkten Mitbestimmung komme es gerade nicht darauf an, ob Nachteile für die Beschäftigten zu befürchten seien. Entscheidend sei, daß gemeindeeigene Einrichtungen durch Rechtsgeschäft auf einen neuen Inhaber übertragen worden seien und daß diese Einrichtungen wesentliche Teile der Dienststellen gebildet hätten.
Bezüglich einer Dienstvereinbarung zur Verankerung eines Übergangsmandats der Mitarbeitervertretung habe sie ein Initiativrecht. Es gebe für eine solche Dienstvereinbarung keine unmittelbare Rechtsgrundlage. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des MVG.EKD solle es mitarbeitervertretungslose Zeiten im Bereich von Kirche und Diakonie nicht geben. Selbst im staatlichen Bereich, wo es an einer entsprechenden Pflicht der Dienststellen, eine Mitarbeitervertretung zu bilden, fehle, sei vom Gesetzgeber wiederholt ein zeitlich befristetes Übergangsmandat anerkannt worden, beispielsweise für den Bereich von Bundespost und Bundesbahn im Rahmen der Privatisierung und nicht zuletzt durch das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts. Die Ausgliederung der Altenpflegeheime aus der verfaßten Kirche und ihre Beteiligte zu 3) und die stiftenden Dienststellen, nämlich die Beteiligten zu 4) bis 9), sei daher rechtswidrig. Die Übertragung auf die Beteiligte zu 3) als Stiftung bürgerlichen Rechts sei mit den Privatisierungen im staatlichen Bereich vergleichbar. Die Beschäftigten seien in beiden Fällen schutzbedürftig. Weil das MVG.EKD ein Übergangsmandat nicht vorsehe, sei die Gesetzeslücke im Wege der Analogie zu schließen. Die Verweigerung jeglicher Dienstvereinbarung durch die Antragsgegner sei rechtswidrig.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
1. den Beschluß der Schlichtungsstelle der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 5. Februar 1996 - 4/96 - aufzuheben,
2. festzustellen, daß
a) die Übertragung von Teilen von Dienststellen auf einen neuen Inhaber der eingeschränkten Mitbestimmung gemäß §§ 38, 41 Abs. 3, 65 Abs. 2 MVG.EKD in Verbindung mit § 12 Abs. 2 KGMVG-NEK sowie § 44 Abs. 1 MAVG-NEK unterliegt,
b) die Weigerung der Beteiligten zu 2) bis 9), mit der Beteiligten zu 1) eine Dienstvereinbarung über ein Übergangsmandat für die Arbeitnehmer abzuschließen, deren Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB auf den neuen Inhaber übergegangen ist, rechtswidrig ist.
Der Beschwerdegegner und die Beschwerdegegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tragen dazu vor: Die Beschwerde sei unzulässig, weil nach § 63 MVG.EKD der Verwaltungsrechtsweg nur gegen Beschlüsse der Schlichtungsstelle gegeben sei, hier aber der Vorsitzende allein entschieden habe. Es habe sich mithin um ein Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 62 MVG.EKD gehandelt. Die Rechtsauffassung des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle, gegen eine Entscheidung nach § 62 MVG.EKD sei ein Rechtsmittel nicht gegeben, sei zutreffend. Wären aber tatsächlich Anträge im Hauptsacheverfahren gestellt worden, müßte über sie zunächst durch die Schlichtungsstelle entschieden werden, weil bisher nur über eine einstweilige Anordnung entschieden worden sei, so daß die Hauptsache noch vor der Schlichtungsstelle anhängig sei. Auf jeden Fall aber seien die Anträge unbegründet, weil die Mitarbeitervertretung nur dann ein Recht auf eingeschränkte Mitbestimmung habe, wenn der Fall einer Einschränkung oder Auflösung einer Dienststelle vorliege, während hier allein ein Betriebsübergang erfolgt sei. Dadurch seien die Arbeitsverhältnisse nach § 613 a BGB auf den neuen Träger übergegangen, so daß der alte Träger nicht mehr wirksam eine Dienstvereinbarung habe abschließen können. Zudem habe auch die Beschwerdeführerin ihre Zuständigkeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren, deren Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den neuen Träger übergegangen seien.
Die Beteiligte zu 3) weist in ihrer Beschwerdebeantwortung weiter darauf hin, daß die Anträge, wie sie nunmehr gestellt seien, auf Erstellung eines Rechtsgutachtens hinausliefen, so daß die Beschwerde auch aus diesem Grunde unzulässig sei.
II. Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung erweist sich insgesamt als nicht zulässig.
1. Allerdings ist die Beschwerde statthaft. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Buchst. b) MVG.EKD. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben gegen Entscheidungen der Schlichtungsstelle darüber, welche Rechte und Pflichten den Beteiligten im Einzelfall aus der Mitberatung und Mitbestimmung erwachsen. Das Gericht erster Instanz hat nach den im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gültigen Grundsätzen (vgl. zur Glaubhaftmachung: Kopp, VwGO, 10. Aufl., Rz. 24 zu § 123 und Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., Rz. 1 zu § 294) entschieden, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Buchst. a) MVG.EKD nicht gegeben seien. Die Schlichtungsstelle hat mithin eine Entscheidung über das geltend gemachte Mitberatungsrecht der Antragstellerin getroffen. Daß der Vorsitzende hier in einem Eilfall nach § 62 MVG.EKD beschlossen hat, ändert nichts daran, daß eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ergangen ist. § 62 MVG.EKD ist § 123 VwGO nachgebildet (vgl. Jessen, in: Fey/Rehren, MVG.EKD Rz. 1 zu § 62), der in Abs. 2 Satz 3 die Vorschrift des § 80 Abs. 8 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt. Dort heißt es aber, daß in dringenden Fällen der Vorsitzende allein entscheiden kann. Die Frage, ob die Schlichtungsstelle in voller Besetzung oder gemäß § 62 MVG.EKD durch ihren Vorsitzenden entscheidet, berührt nicht die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle für Anträge im Verfahren auf Erlaß einstweiliger Anordnungen. Zuständig aber für eine Entscheidung im Eilverfahren ist das Gericht der Hauptsache (vgl. Kopp, aaO, Rz. 20 zu § 123), so daß eine Entscheidung des Gerichts der Hauptsache auch dann vorliegt, wenn dessen Vorsitzender nach § 80 Abs. 8 VwGO allein entschieden hat. Indem hier der Vorsitzende der Schlichtungsstelle die Entscheidung getroffen hat, hat die Schlichtungsstelle als kirchliches Gericht erster Instanz entschieden.
Sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck des § 63 MVG.EKD sprechen für die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 62 MVG.EKD, bei denen es sich - wie dargelegt - um Beschlüsse der Schlichtungsstelle handelt. Auch gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht ist grundsätzlich die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht gegeben (§ 146 Abs. 1 VwGO). Nach dem Verwaltungsgerichtsgesetz - VGG-EKD vom 12. November 1993 sind aber zumindest für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Vorschriften der VwGO entsprechend anwendbar (§ 16). Im übrigen sollte durch die Schaffung des kirchlichen Verwaltungsgerichts im Mitarbeitervertretungsrecht eine zweite Instanz eingerichtet werden, wodurch zugleich der Kritik an den bisherigen Rechtsschutzmöglichkeiten Rechnung getragen werden sollte (vgl. Jessen, in: Fey/Rehren, aaO, Rz. 2 zu § 63). Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, daß die Beschwerde gegen Beschlüsse nach § 62 MVG.EKD statthaft ist.
2. Die Beschwerde ist weiter form- und fristgerecht eingegangen sowie rechtzeitig begründet worden und damit rein verfahrensrechtlich zulässig. Ihre Erfolglosigkeit ergibt sich jedoch daraus, daß die Anträge der Mitarbeitervertretung, über die in der Beschwerdeinstanz zu entscheiden war, insgesamt unzulässig sind.
2.1 Die Auslegung der Anträge, die die Mitarbeitervertretung mit Schriftsatz vom 18. Januar 1996 und ergänzendem Schriftsatz vom 19. Januar 1996 gestellt hat, ergibt zunächst, daß die Schlichtungsstelle im Eilverfahren entscheiden sollte und daß der Vorsitzende der Schlichtungsstelle auch zutreffend über die Anträge auf der Grundlage des § 62 MVG.EKD entschieden hat. Anträge sind wie alle Prozeßhandlungen der Auslegung zugänglich. Dabei sind die Auslegungsregeln des materiellen Rechts entsprechend anwendbar (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl., Rz. 25 vor § 128). Für den Bereich der staatlichen Verwaltungsgerichte soll nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes als Auslegungshilfe im Zweifel zugunsten des Klägers anzunehmen sein, daß er den in der Sache in Betracht kommenden Rechtsbehelf einlegen wollte (vgl. BVerwG v. 27.04.1990, NJW 1991, S. 508, 510). Für das Beschlußverfahren nach § 80 ArbGG ist allgemein anerkannt, daß Anträge großzügig auszulegen sind (vgl. BAG v. 29.03.1977, BAGE 29, 103, 108; Wieser, Arbeitsgerichtsverfahren, 1994, Rz. 545). Andererseits ist der Richter nicht befugt, an die Stelle dessen, was ein Beteiligter erklärtermaßen will, das zu setzen, was der Beteiligte nach Meinung des Richters zur Verwirklichung seines Begehrens wollen sollte (vgl. Kopp, aaO, Rz. 3 zu § 88).
Die Mitarbeitervertretung hat ihren Antrag nicht nur mit Eilantrag überschrieben, sondern darüber hinaus den Begriff Eilverfahren verwendet. Auf Seite 4 der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 19. Januar 1996) heißt es zudem ausdrücklich, die Mitarbeitervertretung ersuche die Schlichtungsstelle, den Abschluß der beantragten Vereinbarung zu erwirken, damit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern "bis zur Wahl einer eigenen Mitarbeitervertretung die Rechte aus dem MVG.EKD erhalten bleiben". Auch diese Formulierung und das darin zum Ausdruck kommende Begehren sprechen dafür, daß die Mitarbeitervertretung auf eine Regelungsanordnung abzielte (vgl. in diesem Zusammenhang Kopp, aaO, Rz. 6 zu § 123 und Thomas/Putzo, aaO, Rz. 1 zu § 940). Im Vordergrund der Regelungsanordnung nach der VwGO bzw. der Regelungsverfügung nach der ZPO steht die Wahrung und Sicherung des Rechtsfriedens. Die Schlichtungsstelle hat daher zutreffend angenommen, daß es der Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz zur Sicherung des Mitberatungsrechts nach § 46 Buchst. a) MVG.EKD ging. Es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Mitarbeitervertretung diese Auffassung seinerzeit teilte. Jedenfalls hat der Kirchenkreis (Beteiligter zu 2) in der Beschwerdebeantwortung vorgetragen, in der Verhandlung vor der Schlichtungsstelle habe dessen Vorsitzender darauf hingewiesen, daß es sich nach seiner Auffassung um einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung handele. Dieser Darstellung ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.
2.2 Die Anträge sind unzulässig, soweit die Mitarbeitervertretung sie in der bisherigen bzw. geänderten Fassung nunmehr auch gegen die einzelnen Kirchengemeinden als weitere Beteiligte zu 4) bis 9) (weiter-)verfolgt. Daß es sich bei der Kirchengemeinde I nicht um die gleichnamige Hauptkirche des Kirchenkreises, sondern um die in der Satzung der Beteiligten zu 3) als stiftende Gemeinde genannte Gemeinde I handelt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Abgesehen hiervon, ist jedoch nicht erkennbar, welches berechtigte Interesse die Beschwerdeführerin an der Einbeziehung dieser Beteiligten in der Beschwerdeinstanz hat, zumal es ohnehin nur um die Feststellung der eingeschränkten Mitbestimmung und der Rechtswidrigkeit der Weigerung geht, eine Dienstvereinbarung über ein Übergangsmandat abzuschließen. Der damit verbundene Vorwurf, die Rechte der Antragstellerin nach dem MVG.EKD nicht beachtet zu haben, trifft aber auch nach dem Verständnis der Mitarbeitervertretung vor allem den Beteiligten zu 2), d.h. den Kirchenkreis, keinesfalls aber die weiteren Beteiligten zu 4) bis 9), die ohnehin wiederum durch den Kirchenkreisvorstand vertreten werden, wie es in der Beschwerdebegründung auf Seite 9 heißt.
2.3 Soweit sich die Anträge gegen die Beteiligten zu 2) und 3) richten, sind sie ebenfalls unzulässig.
Für die Entscheidung des Beschwerdegerichts gelten im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung dieselben Grundsätze wie für die Entscheidung erster Instanz. Dabei kommt es maßgebend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. Kopp, aaO, Rz. 35, m. Nachw.)
Einstweilige Verfügungen dienen entweder nach § 935 ZPO der Sicherung des gefährdeten Anspruchs auf eine Individualleistung oder aber nach § 940 ZPO zur Regelung eines Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis bei Gefahr der Störung Die Praxis läßt außerdem die sog. Leistungsverfügung zu, die in dringenden Fällen nicht bloß der Sicherung dient, sondern weitergehend zur sofortigen Erfüllung führt (vgl. Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Rz. 29 vor § 935 sowie Rz. 1 zu § 935, m. Nachw.).
Entsprechend den einstweiligen Verfügungen nach § 935 und § 940 ZPO unterscheidet man auch nach § 123 Abs. 1 VwGO zwischen Sicherungsanordnungen und Regelungsanordnungen, mithin zwischen Anordnungen, die der Sicherung eines Individualanspruchs dienen, und Anordnungen, die zur Wahrung des Rechtsfriedens ergehen (vgl. Kopp, aaO, Rz. 6 zu § 123). Wegen der Einzelheiten verweist § 123 Abs. 3 VwGO auf die entsprechenden Vorschriften der ZPO.
Die begehrten Feststellungen erweisen sich danach auch im Beschwerdeverfahren als unzulässig, weil sie weder der Sicherung eines gefährdeten Anspruchs dienen noch auf Erlaß einer Regelungsverfügung abzielen und sich mithin nicht mit dem Zweck des Eilverfahrens in Einklang bringen lassen.
III. Die Schlichtungsstelle hat das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin verneint und sich dabei auf die in der Kommentarliteratur fast einhellig vertretene (und wohl zutreffende) Meinung berufen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Teil des Beschlusses erübrigt sich, nachdem das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Anträge der Mitarbeitervertretung schon wegen Fehlens der Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben konnte.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 Abs. 2 VGG.EKD. Danach entscheidet das Verwaltungsgericht nach billigem Ermessen über die von einem Beteiligten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Der Gegenstandswert ist nach § 8 Abs. 2 BRAGO festgesetzt worden.