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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:27.01.2012
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/T25-11
Rechtsgrundlage:EGMVG.Westfalen § 8 Abs. 1, MVG.EKD, § 57a Abs. 5, § 41 Abs. 1 Buchstabe a), § 42 Buchstabe c); AVR.DW.EKD Anlage 1 zu § 12, EG 8, Anlage 1 zu § 12, EG 9
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.), 2 M 105/10
Schlagworte:Eingruppierung pädagogische Mitarbeiterin in sozialer Gruppenarbeit, Zuständigkeit Kirchengericht der Gliedkirche oder der EKD
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Leitsatz:

1. § 57a Abs. 5 MVG.EKD setzt voraus, dass die Einrichtung oder Dienststelle Vollmitglied im gliedkirchlichen Diakonischen Werk ist. Gastmitglieder fallen nicht unter § 57a Abs. 5 MVG.EKD.
2. Die Tätigkeit als pädagogische Mitarbeiterin in der sozialen Gruppenarbeit erfüllt die Voraussetzungen des Richtbeispiels "Erzieherin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen" der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD.

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeiterver-tretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - vom 17. Mai 2011 - Az. 2 M 105/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die antragstellende Dienststellenleitung streitet mit der Mitarbeitervertretung um die zutreffende Eingruppierung der Frau D. Frau D, ausgebildete Erzieherin mit Zusatzqualifikationen, ist mit Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 2010 als "päd. Mitarbeiterin im Erziehungsdienst" angestellt worden. Darin ist die "Geltung" der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR.DW.EKD) vereinbart worden. Frau D wird innerhalb der im Bezirk des Diakonischen Werkes der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V. gelegenen Einrichtung in der sog. sozialen Gruppenarbeit (SGA) eingesetzt. Die Einrichtung gehört dem Diakonischen Werk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V. als Gastmitglied an; die in ganz Deutschland tätige Dienststelle ist Mitglied im Diakonischen Werk der Ev. Kirche von Westfalen e.V.
Die Antragstellerin meint, zutreffend sei die Eingruppierung in die Entgeltgruppe (EG) 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Sie hat dementsprechend die Mitarbeitervertretung um deren Zustimmung gebeten. Die Mitarbeitervertretung hat die Zustimmung zur Eingruppierung mit ihrem Schreiben vom 13. Oktober 2010 aus den darin angegebenen Gründen verweigert. Sie ist der Ansicht, Frau D sei - wie ihre unmittelbare Vorgängerin, Frau E - in die EG 9 eingruppiert.
Im Streit um die Eingruppierung E hatte die Schlichtungsstelle die Sozialarbeiter umfassende EG 9 (Ansicht der Mitarbeitervertretung) für richtig gehalten und den Antrag der Dienststellenleitung zurückgewiesen. Die Beschwerde war nur darauf gestützt worden, dass erstinstanzlich eine "falsche" Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" (dort Anlage 7 zur Antragsschrift) an Stelle der zutreffenden Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit an einer Schule" vorgelegt worden war. Der Kirchengerichtshof der EKD hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil kein Annahmegrund vorlag; die Vorinstanz hatte - ausgehend vom dortigen Sachvortrag - richtig entschieden (Beschluss vom 26. März 2010 - I-0124/R52-09 - www.ekd.de).
Die Dienststellenleitung hat vorliegend die Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - angerufen. Sie hat erneut die Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" (Anlage 9 zur Antragsschrift) vorgelegt und geltend gemacht, die angerufene Schlichtungsstelle sei zuständig. Die EG 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD treffe zu.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 3. Dezember 2010, 1. März und 5. Mai 2011 Bezug genommen.
Sie hat beantragt
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung hinsichtlich der Eingruppierung der Mitarbeiterin D in die Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
1. das Verfahren an das Kirchengericht der EKD zu verweisen,
2. den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.
Sie meint, nach § 57a MVG.EKD sei das Kirchengericht der EKD zuständig. Ihre Zustimmung zur Eingruppierung habe sie zu Recht verweigert, weil die EG 9 zutreffe. Dies habe der Kirchengerichtshof der EKD bereits im vorangegangenen Verfahren über die Eingruppierung der Frau E festgestellt. Unstreitig stimmt die vorliegend im ersten Rechtszug überreichte Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" (Anlage 9 zur Antragsschrift) mit der in der Sache E als Anlage 7 übereichte Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" überein. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Mitarbeitervertretung wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 5. Januar und 1. April 2011 Bezug genommen.
Die Vorinstanz hat ihre Zuständigkeit als gegeben erachtet (Beschluss vom 17. Mai 2011) und in einem weiteren Beschluss vom selben Tag erkannt, es bestehe kein Zustimmungsverweigerungsgrund, weil die Eingruppierung in die EG 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD (Richtbeispiel: Erzieherin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen) zutreffe.
Gegen den zuletzt genannten Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde der Mitarbeitervertretung. Sie hält den angefochtenen Beschluss für unrichtig und meint, er sei mit dem Senatsbeschluss I-0124/R52-09 unvereinbar, weil die Dienststellenleitung in beiden Fällen unstreitig dieselbe Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" vorgelegt habe.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Mitarbeitervertretung im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze vom 7. Juli, 9. August und 8. Dezember 2011 Bezug genommen.
Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.
Die Dienststellelenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach näherer Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 23. November 2011 und 17. Januar 2012.
Der Senat hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 5. Januar 2012).
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Beschwerde ist nicht mangels Zuständigkeit der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen begründet. Die Schlichtungsstelle hat ihre Zuständigkeit zu Recht als gegeben angesehen. Die Zuständigkeit folgt aus § 8 Abs. 1 des Einführungsgesetzes der Ev. Kirche von Westfalen zum MVG.EKD. Auf § 57a Abs. 5 MVG.EKD kann sich die Mitarbeitervertretung nicht stützen. § 57a Abs. 5 MVG.EKD setzt voraus, dass die Einrichtung oder Dienststelle Vollmitglied im gliedkirchlichen Diakonischen Werk ist. Daran fehlt es hier. Die Einrichtung gehört dem Diakonischen Werk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V. nicht als Vollmitglied, sondern nur als Gastmitglied an. Gastmitglieder fallen nicht unter § 57a Abs. 5 MVG.EKD. Der Umstand, dass die Schlichtungsstelle trotz der Zuständigkeitsrüge nicht gesondert vorab entschieden hat (vgl. dazu GK- ArbGG/Bader, Stand Dezember 2011, § 48 Rn. 17 ArbGG), mag als verfahrensfehlerhaft anzusehen sein; er führt zu keinem anderen Ergebnis.
2. In der Sache selbst hat die Vorinstanz zutreffend entschieden. Der beschwerdeführenden Mitarbeitervertretung hat kein Grund zur Seite gestanden, ihre Zustimmung zur Eingruppierung der Frau D in die EG 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD zu verweigern (§ 41 Abs. 1 Buchstabe a), § 42 Buchstabe c) MVG.EKD). Frau D ist zutreffend in die EG 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD eingruppiert. Die Zustimmungsverweigerung ist unbegründet, die geschuldete und übertragene Tätigkeit der Frau D fällt nicht in die EG 9 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD.
a) Die Frau D übertragene Tätigkeit als pädagogische Mitarbeiterin in der sozialen Gruppenarbeit erfüllt die Voraussetzungen des Richtbeispiels "Erzieherin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen" der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD. Damit sind die Voraussetzungen für das Eingruppiertsein in dieser Entgeltgruppe erfüllt.
b) Dies schließt nicht aus, dass die Tätigkeit in eine höherwertige Entgeltgruppe fallen kann. Indessen liegen hier die Voraussetzungen der nächsthöheren Entgeltgruppe (EG 9 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD) nicht vor. Wenn überhaupt, kommt nur Teil A aus dieser Entgeltgruppe in Betracht. Hierhin gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die "anwendungsbezogene wissenschaftliche Kenntnisse voraussetzen". Solcher bedarf Frau D für die arbeitsvertraglich geschuldete und ihr übertragene Tätigkeit nicht. Nach der einschlägigen Stellenbeschreibung "Soziale Gruppenarbeit" (Anlage 9 zur Antragsschrift) ist "für die Ausübung der Tätigkeit mindestens eine abgeschlossene Fachschulausbildung im Bereich Sozialpädagogik erforderlich". Eine solche Ausbildung auf der Ebene "Fachschule" hat Frau D durchlaufen. Aus dem gesamten Sachvortrag erhellt sich indessen nicht, dass die Frau D obliegende Tätigkeit den erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule, also einer Einrichtung, die anwendungsbezogene wissenschaftliche Kenntnisse vermittelt, voraussetzt. Die mitgeteilten Defizite und Auffälligkeiten der zu betreuenden Schüler mögen zwar an die Tätigkeit höhere Anforderungen stellen, als sie an eine normale Tätigkeit einer Erzieherin (Richtbeispiel EG 7 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD) zu stellen sind. Dies rechtfertigt die Eingruppierung in die EG 8 der Anlage 1 zu § 12 AVR.DW.EKD, nicht aber in die EG 9. Soweit der zur Eingruppierung von Frau E ergangenen Senatsentscheidung vom 26. März 2010 zu entnehmen ist, dass die EG 9 zutreffe, hält der Senat hieran nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.
Der Umstand, dass - jedenfalls nach Ansicht der Mitarbeitervertretung - gegenüber den Auftraggebern angegeben werde, für die Betreuung der Kinder und Jugendlichen würden in der SGA "Sozialpädagogen" eingesetzt, ist für die Frage der Eingruppierung rechtlich ohne Belang.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD, § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).