.
Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:23.05.2012
Aktenzeichen:KGH.EKD II-0124/T29-11
Rechtsgrundlage:MVG.EKD § 63 Abs. 7; ZPO § 567, § 256 Abs. 1
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) Beschlüsse vom 21. Juni 2011 (Ausschluss eines Verfahrensbevollmächtigten) - 2 M 45/11
Schlagworte:Kein Rechtsschutzbedürfnis bei prozessualer Überholung
#

Leitsatz:

Bei einer Beschwerde nach § 567 ZPO kann das Rechtsschutzbedürfnis durch eine so genannte prozessuale Überholung entfallen. Sie liegt vor, wenn die Entscheidung über das zurückgewiesene Gesuch keine tatsächliche Wirkung mehr entfalten kann, weil das tatsächliche Ereignis, dessen Verwirklichung durch das Gesuch verhindert werden sollte, bereits vor Einlegung der Beschwerde stattgefunden hat, und der Beschwerdeführer durch die spätere Beschwerdeentscheidung nicht bessergestellt werden könnte.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer in Münster (Westf.) - vom 21. Juni 2011 - Az. 2 M 45/11 (betreffend Ausschlusses des Verfahrensbevollmächtigten der Dienststellenleitung) - wird verworfen.

Gründe:

I. Die Mitarbeitervertretung hat mit ihrem am 3. Juni 2011 eingereichten Antrag im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt, die Dienststellenleitung zu verpflichten, die für den Monat Juni 2011 für bestimmte Teile der Einrichtung aufgestellten Dienstpläne nicht umzusetzen, hilfsweise, deren Nichtanwendung festzustellen. Sie hat den Dienstplänen nach näherer Maßgabe ihres Schreibens vom 18. Mai 2011 an die Dienststellenleitung nicht zugestimmt. Die Mitarbeitervertretung hat, nachdem die Dienststellenleitung kein Verfahren nach § 38 Abs. 4 MVG.EKD eingeleitet hat, ihrerseits die Schlichtungsstelle angerufen, um im Wege der einstweiligen Verfügung - von ihr als "einstweilige Anordnung" bezeichnet - die Durchführung der Dienstpläne zu verhindern.
Im erstinstanzlichen Verfahren ist für die Dienststellenleitung Herr Rechtsanwalt C aufgetreten. Herr D gehört keiner in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zusammengeschlossenen Kirchen an, sondern ist jüdischen Glaubens. Gegen dessen Tätigkeit im erstinstanzlichen Verfahren wendet sich die Mitarbeitervertretung.
Der erstinstanzlichen Kammer gehört die Beisitzerin D an. Die Mitarbeitervertretung hält Frau D für befangen.
Die Mitarbeitervertretung, auf deren erstinstanzliches Vorbringen in ihrem Schriftsatz nebst Anlagen vom 1. Juni 2011 und zu Protokoll des Gerichts gereichten Unterlagen Bezug genommen wird, hat - soweit für ihre Beschwerden von Bedeutung - beantragt,
1. Die Beisitzerin D wegen der Besorgnis der Befangenheit auszuschließen,
2. Herrn Rechtsanwalt C als Verfahrensbevollmächtigten der Dienststellenleitung auszuschließen,
3. die Dienststellenleitung zu verpflichten, ihre Dienstpläne für das Betreuungszentrum sowie für das Krankenheim für den Monat Juni 2011 nicht umzusetzen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Dienstpläne der Dienststellenleitung für das Betreuungszentrum sowie für das Krankenheim für den Monat Juni 2011 keine Anwendung finden.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
alle Anträge zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 10. Juni 2011 Bezug genommen.
Die Vorinstanz hat am 21. Juni 2011 durch getrennte Beschlüsse des Vorsitzenden den gegen Frau Beisitzerin D gerichteten Befangenheitsantrag, den Antrag auf Ausschluss von Herrn Rechtsanwalt C und durch Beschluss der Kammer die Sachanträge zurückgewiesen.
Gegen alle drei Beschlüsse hat die Mitarbeitervertretung am 1. August 2011 "Beschwerde" eingelegt. Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen vom 28. Juli, 6. September und 26. Oktober 2011 Bezug genommen. Die Dienststellenleitung tritt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 7. November 2011 entgegen.
II. Über die gemeinsam gegen alle drei genannten Beschlüsse in einem einzigen Schriftsatz eingereichte "Beschwerde" war jeweils gesondert zu entscheiden. Vorliegend geht es um den Beschluss des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle, mit welchem der Antrag der Mitarbeitervertretung,
Herrn Rechtsanwalt C als Verfahrensbevollmächtigten der Dienststellenleitung auszuschließen,
zurückgewiesen worden ist.
III. Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen diesen Beschluss des Vorsitzenden des Kirchengerichts ist mangels (noch) vorhandener Beschwer der Mitarbeitervertretung zu verwerfen.
1. Gegen die Entscheidung über die Ablehnung des Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten der Dienststellenleitung ist entgegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung nicht die Beschwerde im Beschlussverfahren nach § 63 Abs. 1 MVG.EKD gegeben, sondern die sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO. Die Beschwerde im Beschlussverfahren betrifft verfahrensbeendende Entscheidungen der Kirchengerichte in mitarbeitervertretungsrechtlichen Streitigkeiten. Dagegen findet nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statt, wenn es sich um eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Das ist hier der Fall. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss ändert an der Art der Beschwerde nichts.
2. Die Beschwerde war zu verwerfen, weil es an dem für die Zulässigkeit jeder Beschwerde vorgesetzten Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
a) Die Mitarbeitervertretung ist durch die Beschlussformel zwar formal beschwert. Indessen ist das Rechtsschutzbedürfnis durch eine so genannte prozessuale Überholung entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 - 2 BvR 1055/76 - BVerfGE 40, 329 = NJW 1979, 154). Sie liegt vor, wenn die Entscheidung über das zurückgewiesene Gesuch keine tatsächliche Wirkung mehr entfalten kann, weil das tatsächliche Ereignis, dessen Verwirklichung durch das Gesuch verhindert werden sollte, bereits vor Einlegung der Beschwerde stattgefunden hat, und der Beschwerdeführer durch die spätere Beschwerdeentscheidung nicht bessergestellt werden könnte (BGH , Beschluss vom 8. Oktober 1991 - XI ZB 6/91 - NJW 1992, 243). Das ist hier der Fall. Die Sachentscheidung in dem erstinstanzlichen Verfahren, in welchem der Ausschluss des Rechtsanwalts begehrt wird, ist ergangen. Zudem sind die Dienstpläne für den Monat Juni 2011 vollzogen worden.
b) Die mit der Beschwerde erstrebte Feststellung, dass Rechtsanwalt C vom Verfahren hätte ausgeschlossen werden müssen, ändert daran nichts. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, dass er im Recht war oder eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage mit der Wirkung nur eines Gutachtens zu beantworten (vgl. für das staatliche Recht: BAG, Beschluss vom 9. November 2010 - 1 ABR 76/09 - AP Nr. 103 zu § 256 ZPO).
IV. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG.EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).