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Vorversammlung zur Ausarbeitung einer Konkordie
reformatorischer Kirchen in Europa

Leuenberg, den 16. März 1973

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An die an der Ausarbeitung der Konkordie beteiligten Kirchen
Auf Beschluss und im Auftrag der Vorversammlung zur Ausarbeitung einer Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa erhalten Sie als Anlage den auf der zweiten Tagung in der Zeit vom 12.-16. März 1973 von ihr abschließend festgestellten Text für eine Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa mit der Bitte, eine Entscheidung in Ihrer Kirche über die Annahme herbeizuführen.
  1. Nachdem die europäischen Kirchen die Thesenreihen von Schauenburg (1967) weitgehend zustimmend zur Kenntnis genommen hatten, kam es auf Wunsch und unter direkter Beteiligung dieser Kirchen zu den sogenannten Leuenberger Gesprächen (1969-1970). Diese haben sich vorwiegend auf die Frage der Kirchengemeinschaft konzentriert. Die von den Kirchen offiziell delegierten Teilnehmer an den Gesprächen haben die Arbeit an einer Konkordie empfohlen, die Grundlage für die Herstellung der Kirchengemeinschaft sein kann. Die Kirchen haben diesen Vorschlag zur Kenntnis genommen bzw. ihm zugestimmt und Delegierte ernannt, die den Text der Konkordie erarbeiten sollten. Auf einer Tagung vom 19.-24. September 1971 in Leuenberg hatten die von den Kirchen ernannten Delegierten den Entwurf für eine Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa erarbeitet.
  2. Die zweite Tagung der Vorversammlung im März 1973 war von dem von der Vorversammlung im September 1971 eingesetzten Fortsetzungsausschuss vorbereitet worden. Dieser hatte seinem Auftrag entsprechend in mehreren Sitzungen die Stellungnahme der Kirchen geprüft und einen Vorschlag für eine überarbeitete Fassung des Textes vorgelegt. Mit Rücksicht auf die Bitten einiger Kirchen konnte der Fortsetzungsausschuss selbst einen abschließenden Text der Konkordie nicht feststellen. Die Vorversammlung hat auf ihrer zweiten Tagung einen Arbeitsbericht des Fortsetzungsausschusses sowie dessen schriftlich vorgelegte Änderungsvorschläge entgegengenommen. Sie hat darüber hinaus in eigener Verantwortung die in einer Synopse übersichtlich dargestellten Stellungnahmen der Kirchen sowie einer Reihe von kirchlichen Gruppen und einzelner Persönlichkeiten zur Kenntnis genommen und geprüft. Bisher haben 63 Kirchen ihre Antwort gegeben, weitere 9 Kirchen hatten zwar ihre Stellungnahme nicht abgeschlossen, konnten aber die Vorversammlung über ihre Vorarbeiten mit ausführlichen Dokumenten unterrichten.
  3. Mit Dankbarkeit und Freude konnte die Vorversammlung feststellen, dass zwischen den in ihr vertretenen Kirchen nahezu Einmütigkeit darüber besteht, das Ziel einer Kirchengemeinschaft zwischen den reformatorischen Kirchen in Europa auf dem Weg einer Konkordie weiterzuverfolgen. Diese Tatsache verdient umso mehr Beachtung, als eine Reihe von Kirchen bei der Erarbeitung ihrer Stellungnahmen nicht nur Voten von Fachtheologen und Fakultäten berücksichtigt haben, sondern in umfassender Weise ihre ordinierten Amtsträger und ihre Gemeinden in den Prozess der Meinungsbildung einbezogen haben.
  4. Die Vorversammlung hat nach Prüfung der Stellungnahmen die Einmütigkeit in der grundsätzlichen Zustimmung zum Ziel und Weg der Konkordie zur Leitlinie ihrer Weiterarbeit und ihrer Entscheidungen gemacht. Sie kam zu der Überzeugung, dass mit der vorgenommenen Textrevision das Mögliche erreicht und damit ihre Arbeit abgeschlossen ist. Sie meint, dass eine erneute Stellungnahme der Kirchen sachlich nicht weiterführe, so dass sie nunmehr die Rezeption der Konkordie von den beteiligten Kirchen erbittet.
  5. Der revidierte Text der Konkordie hat wichtige Änderungswünsche aufgenommen und eine Reihe von grundsätzlichen Fragen in den Grenzen des Möglichen geklärt.
    Wo immer möglich, hat die Revision die in einzelnen Stellungnahmen kritisierte Sprache des Entwurfs verbessert. Dabei musste allerdings berücksichtigt werden, dass die mit der Konkordie zu überwindenden Lehrdifferenzen in der durch die Bekenntnisse bzw. die Traditionen geprägte Sprache ihren Ausdruck finden. Eine Auseinandersetzung mit diesen sprachlich geprägten Lehraussagen musste sich einer entsprechenden Ausdrucksweise bedienen. Die Vorversammlung war sich dessen bewusst, dass die Aufgabe des zeitgemäßen Ausdrucks den Kirchen gestellt bleibt und in den kontinuierlichen Lehrgesprächen aufgenommen werden muss.
    Die Revision hat sich darum bemüht, den Text nicht durch neue Aussagen zu erweitern. Er braucht nicht alle Themen zu behandeln, die in den Bekenntnissen oder Traditionen der einzelnen Kirchen behandelt sind. Straffungen und Kürzungen durften aber nicht auf Kosten des notwendig zu formulierenden gemeinsamen Verständnisses des Evangeliums als Grundlage für die einzugehende Kirchengemeinschaft vorgenommen werden. Die Vorversammlung ist nach eingehender Diskussion zu dem Ergebnis gekommen, dass eine kurz gefasste Erklärung mit einem nur kurz begründeten Hinweis auf den zwischen den Kirchen bestehenden Konsensus zur Erklärung der Kirchengemeinschaft nicht ausreicht.
  6. Zum Verfahren der Rezeption:
    1. Der von der zweiten Vorversammlung beschlossene Text für eine Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa ist von vier Vorsitzenden der Vorversammlung, nämlich den Herren Dr. Max Geiger, Basel, Dr. Leonhard Goppelt, München, Dr. Horst Lahr, Potsdam, Dr. Marc Lienhard, Strasbourg, durch ihre Unterschrift festgestellt. Die von den Vorsitzenden unterschriebene Konkordie ist beim Ökumenischen Rat der Kirchen und in Abschrift beim Lutherischen Weltbund und beim Reformierten Weltbund hinterlegt.
    2. Die beteiligten Kirchen werden gebeten, ihre Zustimmung bis zum 30. September 1974 in schriftlicher Form zu geben.
    3. Die Zustimmung sollte folgende Erklärung enthalten: Die … (Bezeichnung der Kirche) … stimmt der Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa (Leuenberger Konkordie) in der am 16. März 1973 beschlossenen Fassung zu.
    4. Die Zustimmungserklärungen sind dem Ökumenischen Rat der Kirchen einzusenden (Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, 150, route de Ferney, 1211 Genf 20, Schweiz). Sie werden dort hinterlegt. Über jede eingegangene Zustimmungserklärung werden die beteiligten Kirchen vom Ökumenischen Rat der Kirchen alsbald unterrichtet.
    5. Die Kirchengemeinschaft im Sinne der Konkordie wird am 1. Oktober 1974 zwischen den Kirchen wirksam, von denen eine Zustimmungserklärung beim Ökumenischen Rat der Kirchen eingegangen ist.
    6. Kirchen, deren Zustimmungserklärung nach dem 30. September 1974 beim Ökumenischen Rat der Kirchen eingeht, sind mit dem Zeitpunkt des Eingangs ihrer Zustimmungserklärung an der Kirchengemeinschaft im Sinne der Konkordie beteiligt.
  7. Über die Verwirklichung der Kirchengemeinschaft hat die Vorversammlung folgende Vorstellungen entwickelt.
    1. Die beteiligten Kirchen werden gebeten, Anregungen und Wünsche für eine praktische Verwirklichung der Kirchengemeinschaft und Themen für die vorgesehenen Lehrgespräche mitzuteilen.
    2. Die Lehrgespräche sollen möglichst noch im Jahre 1974 aufgenommen werden. Auch Kirchen, die bei Beginn der Lehrgespräche eine Entscheidung über die Annahme der Konkordie noch nicht haben herbeiführen können, werden zur Teilnahme an den Lehrgesprächen eingeladen. Die Einzelheiten werden vom Fortsetzungsausschuss mit dem Lutherischen Weltbund und dem Reformierten Weltbund besprochen.
    3. Die Vorversammlung war der Meinung, dass von der Einberufung einer »Hauptversammlung «, wie sie in früheren Schreiben vorgesehen war, zunächst abgesehen werden solle. Das schließt nicht aus, eine Hauptversammlung später zu einem festzulegenden Zeitpunkt einzuberufen, wenn die beteiligten Kirchen dies für wünschenswert halten. Dies könnte z. B. im Zusammenhang mit dem Beginn der kontinuierlichen Lehrgespräche geschehen.
  8. Der von der Vorversammlung eingesetzte Fortsetzungsausschuss besteht aus:
    Dozent Dr. Andreas Aarflot (Dozent Dr. Holsten Fagerberg),
    Bischof Helge Brattgard (Dozent Dr. Fredric Cleve),
    Rev. Martin H. Cressey (Rev. Prof. Allan D. Galloway),
    Prof. Dr. Wilhelm Dantine (Prälat Dr. Albrecht Hege),
    Bischof Dr. Emerich Varga (Pfr. Johan A. Dvoracek),
    Prof. Dr. Max Geiger (Prof. Dr. Louis Rumpf),
    Prof. Dr. Leonhard Goppelt (Bischof Dr. Friedrich Hübner),
    OKR i.R. D. Karl Herbert (Prälat Dr. Hans Bornhäuser),
    Pfr. Attila Kovach (Pfr. G. Gyula Röhrig),
    Generalsuperintendent Dr. Horst Lahr (OKR Dr. Werner Tannert),
    Prof. Dr. Marc Lienhard (Pfr. Alain Blancy),
    OKR Olaf Lingner (OKR Dr. Werner Hofmann),
    Prof. Dr. Wenzel Lohff (OLKR Dr. Hans Martin Müller),
    Dr. Remko J. Mooi (Prof. Dr. Daniel Vidal),
    Dr. Paolo Ricca,
    Präsident Hugo Schnell (OKR Hermann Greifenstein),
    Präses Prof. Dr. Joachim Staedtke (Landessuperintendent Dr. Gerhard Nordholt).
    Der Fortsetzungsausschuss hat für die verantwortliche Durchführung der in 6. und 7. genannten Aufgaben zu sorgen.
Für die Vorversammlung
gez. Prof. Dr. Max Geiger
gez. Prof. Dr. Marc Lienhard
(Vorsitzender)
(Vorsitzender)