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Nichtamtliche Begründung zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über kirchliche Anforderungen der beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie

Lfd. Nr.
Begründung
Fundstelle
Richtlinie
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Begründung zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland über kirchliche Anforderungen der beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie
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Begründung
zur Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
über kirchliche Anforderungen der beruflichen Mitarbeit
in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie
vom 9. Dezember 2016

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I. Rechtlicher Kontext

Die Richtlinie des Rates der EKD über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes der EKD gilt seit dem 1. Juli 2005. Mit der Neufassung werden an der im Jahr 2005 verabschiedeten Richtlinie wesentliche Veränderungen vorgenommen.
Mit diesen Regelungen in Form einer Richtlinie nach Artikel 9 der Grundordnung der EKD (GO-EKD) wird das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV in Bezug auf die Religionszugehörigkeit als Anforderung der beruflichen Mitarbeit sowie in Bezug auf Loyalitätsverpflichtungen kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in europarechtskonformer und verfassungsmäßiger Weise ausgeübt.
Maßgebend für die Gestaltung des Antidiskriminierungsrechts im Zivilrecht und insbesondere Arbeitsrecht ist in der Europäischen Union die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000. In Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG ist folgende Regelung enthalten:
"(2) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, Bestimmungen in ihren zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie geltenden Rechtsvorschriften beibehalten oder in künftigen Rechtsvorschriften Bestimmungen vorsehen, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie bestehende einzelstaatliche Gepflogenheiten widerspiegeln und wonach eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung einer Person keine Diskriminierung darstellt, wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. (…) Sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im Übrigen eingehalten werden, können die Kirchen und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten."
Entscheidend für die Mitarbeit in der Kirche und ihrer Diakonie ist danach, für auf die Religion bezogene Anforderungen bzw. Loyalitätspflichten das "Ethos" der Religionsgemeinschaft. Dem Ethos folgend müssen die Anforderungen an die Religionszugehörigkeit bzw. die Loyalitätspflichten eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung darstellen. Die nationalstaatliche Umsetzung dieser Bestimmungen der Richtlinie 2000/78/EG erfolgte durch § 9 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006.
Der Rat der EKD hatte sich mit Zustimmung der Kirchenkonferenz seinerzeit dafür entschieden, die Richtlinie vom 1. Juli 2005 bereits zu einem Zeitpunkt in Kraft zu setzen, zu dem der staatliche Gesetzgeber bei den Vorarbeiten am seinerzeitigen Entwurf des AGG bereits erkennen konnte, wie die evangelische Kirche nach ihrem Selbstbestimmungsrecht ihr "Ethos" definiert.
Daraufhin wurde § 9 in das AGG aufgenommen:
"§ 9
Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung
(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können."
Nach Inkrafttreten des AGG beanstandete die Europäische Kommission, § 9 AGG halte die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG nicht ein und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund der Darlegungen der Bundesrepublik wurde dieses Vertragsverletzungsverfahren im Jahr 2008 eingestellt; die Beanstandungen der Kommission wurden nicht aufrecht erhalten.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 22.10.2014 – 2 BvR 661/12 – ausdrücklich bestätigt, dass es das Recht der Religionsgemeinschaften ist, Loyalitätspflichten sowie aus der Religion resultierende Anforderungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu definieren. Diese Festlegungen müssen von der Religionsgemeinschaft selbst getroffen werden und können nicht deren Einrichtungen überlassen werden, da die Religionsgemeinschaft Trägerin des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts aus Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV ist.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17. März 2016 (8 AZR 501/14) dem Europäischen Gerichtshof grundsätzliche Rechtsfragen zur Auslegung von § 9 AGG vorgelegt. Damit stellt sich die Frage, ob nicht mit den Änderungen an dieser Richtlinie hätte gewartet werden sollen, bis das Bundesarbeitsgericht auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs endgültig entschieden hat. Diese Frage wurde verneint. Aufgrund von Artikel 17 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, hat die Europäische Union den rechtlichen Status, den Religionsgemeinschaften in den Mitgliedsstaaten haben, zu achten und nicht zu beeinträchtigen. Somit kommt es auch künftig darauf an, das kirchliche Selbstverständnis der Evangelischen Kirche in Deutschland vor dem Hintergrund des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts aus Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV zu definieren. Es ist auch künftig erforderlich, eine Verbindung des Kirchenrechts zu den staatlichen Bestimmungen herzustellen.
Richtlinien des Rates gelten aufgrund von Artikel 9 GO-EKD für die Gliedkirchen nicht unmittelbar und zwingend; sie bedürfen der Umsetzung durch das gliedkirchliche Recht. Alle Gliedkirchen haben in ihrer Rechtsordnung Bestimmungen über die Religionszugehörigkeit als Anforderung der beruflichen Mitarbeit und die Loyalitätspflichten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgenommen.
Die Richtlinie gilt für alle Einrichtungen in der Kirche und ihrer Diakonie unabhängig von deren Rechtsform oder Aufgabengebiet.
Die Richtlinie gilt grundsätzlich für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen. Ausgenommen vom Geltungsbereich sind lediglich Pfarrerinnen und Pfarrer, falls sie ausnahmsweise nicht in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, sondern in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden. In den Gliedkirchen existieren Bestimmungen für Pfarrerinnen und Pfarrer im Angestelltenverhältnis, die als speziellere Regelungen dieser Richtlinie vorgehen.
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II. Anlässe und Motive für die Änderungen

a) Seit Empfehlung der Richtlinie im Jahr 2005 ist Deutschland deutlich stärker Zuwanderungsland geworden. Dementsprechend ist die Bevölkerung multinationaler und multikultureller geworden. Die aus anderen Ländern und anderen Kulturkreisen zugewanderten Menschen sollen stärker als bisher zur beruflichen Mitarbeit in kirchlichen und diakonischen Dienststellen und Einrichtungen eingeladen werden. Viele diakonische Einrichtungen müssen zur Betreuung von Menschen aus anderen kulturellen Kontexten multikulturelle Kompetenzen erwerben.
b) Die Diakonie wächst. So stieg in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den gut 30.000 diakonischen Einrichtungen um jährlich ein bis drei Prozent.
c) Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt. Aufgrund der gegenüber der Gesamtbevölkerung stärkeren Überalterung der kirchlichen Mitgliedschaft nimmt die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder im arbeitsfähigen Alter überproportional ab. Neben Regionen mit stark volkskirchlich geprägten Strukturen gibt es Regionen, in denen der Prozentsatz von evangelischen Kirchenmitgliedern im arbeitsfähigen Alter unter zehn Prozent gesunken ist, in denen aber viele und große diakonische Einrichtungen betrieben werden.
d) Der Mangel an Fachkräften nimmt in verschiedenen Berufsbildern des Sozial- und Gesundheitswesens relativ stark zu, insbesondere im Pflegebereich. Auch hierauf wird durch die stärkere Öffnung von Kirche und Diakonie für die berufliche Mitarbeit von andersgläubigen Menschen reagiert.
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III. Rechtscharakter von Richtlinien des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Artikel 9 Grundordnung (GO-EKD)

Die Richtlinien nach Artikel 9 GO werden von der EKD erlassen, um eine Rechtsvereinheitlichung zwischen der EKD und den Gliedkirchen zu erreichen. Sie enthalten ausformulierte Normtexte, deren unmittelbare Geltung sich aber auf die EKD beschränkt. Die Gliedkirchen können die Richtlinie im Ganzen übernehmen oder davon abweichen.
Mit Richtlinien kann die Evangelische Kirche in Deutschland die Gliedkirchen regelnd und ordnend unterstützen. Wenn auch Richtlinien nicht die normative Wirkung von Kirchengesetzen nach Artikel 10a GO-EKD haben, geht ihre Rechtswirkung doch über die von Anregungen nach Artikel 8 GO-EKD hinaus. Insoweit handelt es sich bei Richtlinien nicht um für die Gliedkirchen zwingende Normen im formellen Sinn. Den Richtlinien nach Artikel 9 GO-EKD sollte aber von den Gliedkirchen i.d.R. gefolgt werden. Nur so kann durch Richtlinien des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland ein gemeinsamer Rechtsrahmen der Gemeinschaft der Gliedkirchen für eine bestimmte Materie erreicht werden.
Aufgrund von Artikel 9 GO-EKD ist eine Beteiligung der Kirchenkonferenz an Richtlinien nicht zwingend. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Neufassung der Richtlinie hat der Rat die Kirchenkonferenz in die Entwicklung der Änderungen einbezogen und die Kirchenkonferenz um ein abschließendes Votum gebeten. Die Kirchenkonferenz hat in ihrer Sitzung am 8.Dezember der Neufassung der Richtlinie zugestimmt.
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IV. Allgemeines

Die Kernelemente der Neufassung der Richtlinie sind:
  • Es wird an dem bisherigen Grundsatz festgehalten, dass für die Arbeitsplätze überwiegend evangelische Christinnen und Christen eingestellt werden sollen; damit bleibt grundsätzlich das bisherige Regel-Ausnahmeprinzip erhalten.
  • Die Arbeitsplätze, die nicht schwerpunktmäßig zu den Bereichen Verkündigung, Seelsorge und evangelische Bildung gehören, werden stärker zugunsten von Christinnen und Christen anderer Bekenntnisse bzw. anderer Kirchenzugehörigkeit geöffnet. In der Theologie sind hier entsprechende Ansätze entwickelt worden. So ist z.B. im Gegensatz zur bisherigen Regelung die Einstellung von katholischen oder methodistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine im Einzelfall besonders zu begründende Ausnahme, sofern es sich nicht Tätigkeiten handelt, die von Aufgaben in den Bereichen Verkündigung, Seelsorge und evangelischer Bildung geprägt sind.
  • Darüber hinaus werden die Arbeitsplätze auch stärker zugunsten von Menschen geöffnet, die keiner christlichen Kirche angehören.
  • Weiterhin wird in den Regelungen deutlicher herausgestellt, dass es die Aufgabe der Dienststellen oder Einrichtungen ist – und damit Aufgabe der Anstellungsträger – die kirchliche (evangelische) Prägung der Einrichtungen zu gewährleisten und nach innen und außen deutlich zu machen.
  • Um dies zu gewährleisten, sollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergehender als bisher mit der Bedeutung und den wesentlichen Inhalten der kirchlichen Prägung durch Fortbildungen und andere Bildungsangebote vertraut gemacht werden.
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V. Zu den Änderungen im Einzelnen

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1.) Überschrift

Durch die Änderung der Überschrift wird verdeutlicht, dass es sich um die kirchlichen Anforderungen an die berufliche Mitarbeit handelt, somit um das ausgeübte Selbstbestimmungsrecht der evangelischen Kirche aus Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV.
In der Überschrift und in dem Richtlinientext insgesamt ist redaktionell die begriffliche Anpassung vom früheren Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. an das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. vorzunehmen. Durch die Formulierung "berufliche Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihrer Diakonie" wird verdeutlicht, dass der Geltungsbereich der Richtlinie die Diakonie mit umfasst.
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2.) § 1
Geltungsbereich

In § 1 sind die redaktionellen Anpassungen an die Gründung des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung e.V. vorzunehmen.
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3.) § 2
Grundlagen des kirchlichen Dienstes

a) Absatz 1 regelt in den Sätzen 1 bis 3 inhaltlich unverändert die Grundlagen des kirchlichen Dienstes. Gestrichen wurde die Formulierung in Satz 2, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "in unterschiedlicher Weise" an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags teilhaben, da es an dieser Stelle nicht darauf ankommt, dies vielmehr in den weiteren Paragraphen differenziert wird. In Satz 4 ist die Legaldefinition der Dienstgemeinschaft aus der Präambel des Mitarbeitervertretungsgesetzes angefügt worden. Das Leitbild der Dienstgemeinschaft ist eine wesentliche Grundlage für die berufliche Zusammenarbeit in Kirche und Diakonie. Damit wird unterstrichen, dass es die gemeinsame Aufgabe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einerseits und andererseits der Dienstellenleitungen ist, die kirchliche Prägung der Einrichtungen zu gewährleisten und nach außen sichtbar zu machen.
b) Der neu eingefügte Absatz 2 stellt klar, dass es die Aufgabe der Anstellungsträger in der Kirche und ihrer Diakonie ist, ihre Einrichtung gemäß ihrer evangelischen Identität zu gestalten. Ihnen ist damit die Verantwortung dafür übertragen, dass die Kirchlichkeit nach innen und außen sichtbar wird. Neben der fachlichen Qualität muss stets die kirchliche, geistliche Qualität im Blick bleiben. Weiterhin haben die Anstellungsträger dafür Sorge zu tragen, dass das evangelische Profil der Einrichtung nicht nur in den Arbeitsvollzügen zum Tragen kommt. Das evangelische Profil erfordert geistliche Angebote an die Patientinnen und Patienten, Klientinnen und Klienten, Bewohnerinnen und Bewohner sowie an die sonstigen Nutzerinnen und Nutzer der Einrichtungen. Geistliche Angebote sind darüber hinaus für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten. Es unterliegt dem Freiwilligkeitsprinzip, ob im Einzelfall die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter das geistliche Angebot in Anspruch nimmt. Die Angebote sind somit als Einladung zu gestalten; jede Form von Zwang oder Druck muss unterbleiben.
c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3 Satz 1. Die Regelung hebt hervor, dass es eine zentrale Aufgabe der Anstellungsträger ist, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den christlichen Grundsätzen der Arbeit der Einrichtungen vertraut zu machen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können die christliche, evangelische Prägung nur anerkennen und unterstützen, wenn sie mit den kirchlichen Grundlagen und Grundsätzen der Arbeit vertraut sind. Informationen, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen über die kirchliche Grundlegung und das kirchliche Profil sind in sinnvollen Abständen zu wiederholen und zu ergänzen.
d) Die Zugehörigkeit von Dienststellen oder Einrichtungen zur Evangelischen Kirche in Deutschland, ihren gliedkirchlichen Zusammenschlüssen sowie den Gliedkirchen bestimmt sich im Zweifelsfall nach den Kriterien des Zuordnungsgesetzes der EKD (vom 12. November 2014, ABl. EKD 2014 S. 340). Die entsprechende Zuordnungsentscheidung wird nach § 2 des Zuordnungsgesetzes von der verfassten Kirche getroffen. Die Grundlagen des kirchlichen Dienstes nach § 2 müssen in allen für die vom Zuordnungsgesetz erfassten Dienststellen und Einrichtungen zur Geltung kommen.
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4.) § 3
Kirchliche Anforderungen bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

a) Durch die Änderung der Überschrift wird klargestellt, dass es sich nicht um die Regelung beruflicher Anforderungen im fachlichen Sinn handelt, sondern um kirchliche Anforderungen zur Sicherung des kirchlichen, evangelischen Profils der Dienststellen und Einrichtungen.
b) Der neue Satz 1 in Absatz 1 bestimmt, dass es sich nach der konkreten Ausgestaltung der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in der Einrichtung bzw. deren Arbeitsfelder richtet, ob und welche Anforderungen an die Religionszugehörigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet werden. Die Entscheidung, ob für bestimmte Tätigkeiten eine bestimmte Religionszugehörigkeit gefordert wird, unterliegt im Zweifelsfall der Bestätigung durch die verfasste Kirche, somit durch die Gliedkirchen oder die Evangelische Kirche in Deutschland. Träger des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechts ist die Religionsgemeinschaft und nicht deren Einrichtung. Maßstab ist der kirchliche Auftrag, an dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilhaben und der auf dem jeweiligen Arbeitsplatz seine konkrete Ausgestaltung erhält.
Durch Satz 2 wird an dem bestehenden Grundsatz der Kirchenzugehörigkeit als Voraussetzung für die berufliche Mitarbeit und damit am bisherigen Regel-/ Ausnahmeprinzip festgehalten. Nähere Differenzierungen bzw. Öffnungen ergeben sich aus dem Weiteren.
Satz 3 der Vorschrift sieht vor, dass es für Tätigkeiten in der Verkündigung, der Seelsorge und der evangelischen Bildung unerlässlich ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Aufgabengebieten einer evangelischen Kirche oder einer Kirche angehören müssen, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist. In Kirchengemeinschaft in diesem Sinn verbunden sind die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Gliedkirchen mit den Signatarkirchen der Leuenberger Konkordie. Zwischen den Signatarkirchen besteht durch die Konkordie Kanzel- und Abendmahlgemeinschaft.
Die Aufgaben in der Verkündigung, Seelsorge und der evangelischen Bildung müssen den inhaltlichen Schwerpunkt der jeweiligen Tätigkeit darstellen. Diese Aufgaben müssen besonders "übertragen" worden sein, wie dies für den Bereich der Seelsorge in § 3 des Seelsorgegeheimnisgesetzes (vom 28. Oktober 2009, ABl. EKD 2009 S. 352) besonders geregelt ist. Zur evangelischen Bildung zählen somit Arbeitsplätze, für die prägend ist, im katechetischen Sinn Inhalte des Glaubens anderen Menschen zu vermitteln. Dies ist z.B. in evangelischen Kindertagesstätten für einen größeren Teil der Arbeitsplätze zwingend erforderlich, aber nicht für alle Stellen von Erzieherinnen und Erziehern sowie dem sonstigen pädagogischen Personal der Kindertagesstätten.
c) Absatz 2 enthält gegenüber der Vorgängerbestimmung eine stärkere Öffnung zugunsten der Mitarbeit von anders- oder nichtgläubigen Menschen.
Aufgrund von Satz 1 können für Aufgaben der Dienststellenleitung auch Personen eingestellt werden, die Mitglieder einer anderen christlichen Kirche oder Gemeinschaft sind, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e.V. angeschlossen ist. Gleiches gilt für Angehörige von Kirchen, die in der Vereinigung evangelischer Freikirchen zusammengeschlossen sind. Aufgrund von Satz 2 können die Gliedkirchen andere christliche Kirchen, die nicht Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen auf Bundesebene sind, jeweils für ihren Bereich gleichstellen. Der Begriff der Dienststellenleitung bestimmt sich nach § 4 Absätze 1 und 2 des Kirchengesetzes über Mitarbeitervertretungen. Vom Begriff der Dienststellenleitungen erfasst sind daher zum einen die Mitglieder der nach Verfassung, Gesetz oder Satzung leitenden Organe der Dienststelle oder Einrichtung. Gleiches gilt für nach Verfassung, Gesetz oder Satzung leitende Personen. Zur Dienststellenleitung gehören weiterhin die Personen, die allein oder gemeinsam mit anderen zur Entscheidung in mitbestimmungspflichtigen oder mitberatungspflichtigen Angelegenheiten befugt sind. Bei der Einstellung von Christinnen und Christen anderen Bekenntnisses handelt es sich in diesen Fällen nicht um "Ausnahmen", die einer besonderen Begründung bedürften. Die Zugehörigkeit zu einer anderen christlichen Kirche ermöglicht die Einstellung für die genannten Aufgabenbereiche, schafft aber keinen Anspruch auf Einstellung.
Ausnahmsweise können für "alle übrigen Aufgaben", somit für Aufgaben, die nicht zur Verkündigung, Seelsorge, der evangelischen Bildung sowie zur Dienststellenleitung gehören, Personen eingestellt werden, die keiner christlichen Kirche angehören. Über diese Ausnahmen ist nach Art der Aufgaben, der Größe der Einrichtung sowie ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft und des jeweiligen Umfelds zu entscheiden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien muss die Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die keiner christlichen Kirche angehören, "vertretbar und mit dem kirchlichen Auftrag vereinbar sein". Die Einstellung andersgläubiger Menschen kann daher z.B. erfolgen, wenn deren kultureller Hintergrund und ihre kulturellen Kenntnisse sinnvoll sind, um eine sachgerechte Betreuung und Begleitung von Menschen zu ermöglichen, z.B. die Betreuung muslimischer Kinder durch eine Erzieherin mit entsprechendem Hintergrund bzw. entsprechender Herkunft. Die Beurteilung der Vertretbarkeit und Vereinbarkeit erfolgt nicht rein aus fachlichen Gesichtspunkten, sondern stets aus der Perspektive der evangelischen Kirche als Religionsgemeinschaft. Es bleibt daher Aufgabe der Landeskirchen und der diakonischen Landesverbände, die Anforderungen hinsichtlich der Kirchenmitgliedschaft innerhalb des jeweiligen Handlungsfeldes konkret zu beschreiben und zu prüfen. Im Zweifelsfall ist die Entscheidung der verfassten Kirche maßgeblich, da diese Trägerin des Selbstbestimmungsrechts aus Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV ist. Für bestimmte Tätigkeitsbereiche scheidet damit die Einstellung von Nichtchristinnen und Nichtchristen bereits aufgrund der Art der Aufgaben aus, so z.B. in der Kirchenmusik und in der kirchlichen Leitung.
Dadurch, dass im Einzelfall die Einstellung nicht-christlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich ist, folgt nicht, dass damit ein Einstellungsanspruch einher geht. Durch den Ausnahmecharakter soll gewährleistet werden, dass in den Einrichtungen überwiegend Christinnen und Christen tätig sind. Dies ist ein wesentlicher Beitrag, um die kirchliche Prägung der Einrichtungen zu gewährleisten. Sind überwiegend Christinnen und Christen beschäftigt, richtet sich der Grad der Beschäftigung andersgläubiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der Art der Aufgabe, der Größe der Dienststelle und des jeweiligen Umfeldes. Der Grad der Beschäftigung anders oder nicht gläubiger Menschen kann daher in Regionen mit einem relativ geringen Anteil an Christinnen und Christen in der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter höher ausfallen als in Regionen mit einem höheren Prozentsatz von Christinnen und Christen, ohne dass dies dem Regel-Ausnahmeprinzip entgegensteht.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit Anteil an der Erfüllung des kirchlichen Auftrags. Um sie dazu zu befähigen, sieht § 2 Absatz 3 Satz 1 es als Pflicht der Anstellungsträger vor, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den christlichen Grundsätzen der Arbeit vertraut zu machen.
d) Die bisherige Regelung in Absatz 3 Satz 1 enthält die Formulierung, dass Personen für den Dienst in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie "ungeeignet" sind. Die Formulierung "ungeeignet" wird ersetzt durch die Formulierung "kommen grundsätzlich nicht in Betracht". Diese Formulierung ist zum einen sprachlich angemessener und ermöglicht zum anderen in einem engen Rahmen Ausnahmen. Eine mögliche Ausnahme besteht z.B., wenn der Kirchenaustritt durch die Eltern mit Wirkung für ihre Kinder erfolgte oder maßgeblich vom Ehepartner initiiert wurde. Hier ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob eine Eignung für die Mitarbeit in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen ausnahmsweise besteht.
Durch die Formulierung "ohne (anschließend) die Mitgliedschaft in einer anderen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen oder der Vereinigung evangelischer Freikirchen zu erwerben", wird zum Ausdruck gebracht, dass Zeit für die Gestaltung von Übergängen oder zur Neuorientierung eingeräumt werden kann. Der Prozess des "Erwerbens" ist ein dynamischer, zeitlich nicht festzulegender Begriff, der anders als bisher ("übergetreten zu sein") eine Entwicklung ermöglicht.
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5.) § 4
Kirchliche Anforderungen während des Arbeitsverhältnisses

§ 9 Absatz 2 des AGG sieht vor, dass Religionsgemeinschaften von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen können. § 4 der Richtlinie stellt das kirchenrechtliche Pendant zu der Regelung des AGG dar.
a) Die Änderung der Überschrift erfolgt entsprechend zur Änderung der Überschrift des § 3.
b) Absatz 1 Satz 2 ist in diesem Sinne das kirchenrechtliche Bindeglied zu der Bestimmung des AGG. Die Verpflichtung zu einem loyalen Verhalten inner- und außerhalb des Dienstes richtet sich an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die konkrete Loyalitätspflicht richtet sich nach Funktion und Stellung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters. Durchaus erwünscht ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kirchliche Positionen und kirchliches Handeln zur Kenntnis nehmen und kritisch reflektieren. Die Grenze loyalen Verhaltens ist aber jedenfalls dann überschritten, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber der kirchlichen oder diakonischen Einrichtung bzw. gegenüber der Kirche insgesamt tragende christliche Werte verletzen, missachten oder sie herabwürdigen.
Die Loyalitätspflichten sind für Christinnen und Christen einerseits und andererseits für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keiner christlichen Kirche angehören, differenzierend geregelt. Nach Satz 3 haben Christinnen und Christen für die evangelische Prägung der Dienststelle oder Einrichtung einzutreten. Demgegenüber haben andersgläubige Menschen die evangelische Prägung zu achten, d.h. sie dürfen sich mit ihrem inner- und außerdienstlichen Verhalten nicht aktiv gegen christliche Werte stellen.
c) Absatz 2 sieht es als grundsätzliche Loyalitätsanforderung vor, dass das Verhalten inner- und außerhalb des Dienstes die glaubwürdige Ausübung des jeweiligen Dienstes nicht beeinträchtigt. Auch dies konkretisiert sich nach der individuellen Funktion und Stellung. Durch die Formulierung "nicht beeinträchtig" ist zum Ausdruck gebracht, dass das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verkündigung, Seelsorge, evangelischer Bildung oder Leitung nicht in Widerspruch zu tragenden Grundsätzen des Glaubens treten darf. Dies wäre bei einem Verhalten der Fall, mit dem die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter die Glaubwürdigkeit der kirchlichen oder diakonischen Einrichtung, in der sie oder er tätig ist, aufs Spiel setzt. Damit ist ebenfalls nicht die kritische Reflexion kirchlichen Handelns ausgeschlossen, zu der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen sind. Eine Beeinträchtigung der glaubwürdigen Ausübung des Dienstes liegt bei einem Verhalten vor, das Grundsätze des christlichen Glaubens deutlich verletzt oder missachtet, so z.B. bei dem Engagement für eine extremistische Organisation.
Ob eine Verletzung der Loyalität oder ein Verhalten vorliegt, entscheidet im Zweifel die Religionsgemeinschaft, somit die Gliedkirche oder die Evangelische Kirche in Deutschland.
d) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden ersatzlos aufgehoben.
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6.) § 5
Verstöße gegen kirchliche Anforderungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Absatz 1 enthält unverändert das sachlich gebotene und gestufte Verfahren, das von Beratung und Gespräch bis zur Ermahnung und Abmahnung reicht, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kirchliche Anforderungen aus dieser Richtlinie nicht mehr erfüllen oder gegen Loyalitätspflichten verstoßen.
Absatz 2 regelt ebenfalls unverändert, dass der Austritt aus der evangelischen Kirche geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
Da es im deutschen Arbeitsrecht keine absoluten Kündigungsgründe gibt, ist jede Kündigung eine Abwägungsentscheidung. Bei der Abwägung hat die aktive Abwendung von der Kirche durch Austritt ein hohes Gewicht. Im Rahmen der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, ob anstelle einer fristlosen außerordentlichen Kündigung eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist in Erwägung gezogen werden kann.
Durch die Formulierung "ohne (anschließend) die Mitgliedschaft in einer anderen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen oder der Vereinigung evangelischer Freikirchen zu erwerben", wird zum Ausdruck gebracht, dass Zeit für die Gestaltung von Übergängen oder zur Neuorientierung eingeräumt werden kann. Auch der Austritt aus einer anderen christlichen Kirche während des Dienstverhältnisses ist grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
§ 9 Absatz 2 des AGG bestimmt, dass die Religionsgemeinschaften von ihren Beschäftigten "ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen" können. Ein deutlich illoyales Verhalten inner- oder außerhalb des Dienstes stellt daher einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar und ist geeignet, eine (außerordentliche) Kündigung zu begründen. Im Zweifel ist es die Aufgabe der verfassten Kirche zu klären, ob ein Verhalten einen Loyalitätspflichtverstoß oder eine grobe Missachtung der Kirche darstellt.
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7.) § 6
Gliedkirchliche Bestimmungen

Keine Änderung gegenüber der bisherigen Regelung.
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8.) § 7
Inkrafttreten

Die Neufassung der Richtlinie tritt für die Evangelische Kirche in Deutschland und ihr Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. am 1. Januar 2017 in Kraft. Für die Gliedkirchen tritt sie zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die jeweilige Gliedkirche der Richtlinie zugestimmt hat bzw. die Gliedkirche den Inhalt der Richtlinie in ihr Recht transformiert hat.