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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:26.02.2018
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/37-2017
Rechtsgrundlage:MVG.K § 42 c
Vorinstanzen:Schlichtungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Ev. Kirche von Westfalen - 2. Kammer -
Schlagworte:Eingruppierung aufgrund von Übergangsregelung einer Arbeitsrechtlichen Kommission
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Leitsatz:

Sieht die Arbeitsrechtsregelung einer Arbeitsrechtlichen Kommission vor, dass die Regelung gelten solle, bis die Arbeitsrechtliche Schiedskommission über die Regelung entschieden habe, endet die Geltung nicht, wenn der Antrag an die Arbeitsrechtliche Schiedskommission nur deshalb zurückgenommen wurde, um ihn alsbald auf neuer Grundlage zu stellen.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss der Schlich-tungsstelle nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche von Westfalen - 2. Kammer - vom 7. Juni 2017, Az. 2 M 63/15 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich der Beschluss nur noch auf die Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer in Anlage 1 zum Schriftsatz der Dienststellenleitung vom 13. Februar 2018 bezieht. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um zahlreiche Eingruppierungen.
Der als Dienststelle geltende Stiftungsbereich B ist Teil der Stiftung A. Diese führte 2008 ge-mäß § 4 Abs. 2 Nr. 7 a der Satzung des Diakonischen Werkes der Ev. Kirche von Westfalen die AVR.DD als maßgebliche Arbeitsrechtsregelung ein. Am 8. Juni 2015 wurde in der Sit-zung der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission RWL ein Antrag auf weitere Anwendung der AVR.DD zurückgezogen. Ein neuer Antrag wurde am 26. August 2015 in der Sitzung der Ar-beitsrechtlichen Kommission RWL gestellt. Die Arbeitsrechtliche Schiedskommission RWL entschied am 30. Januar 2017, dass die Stiftung A, die von der Arbeitsrechtlichen Kommissi-on der Diakonie Deutschland beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen unbefristet anwendet.
In den Eingruppierungsverfahren seit dem 8. Juni 2015 hat die Dienststellenleitung weiter die AVR.DD zugrunde gelegt. Die Mitarbeitervertretung hat deshalb jeweils die Zustimmung zu den Eingruppierungen verweigert.
Die Dienststellenleitung hat die Meinung vertreten, dass sie die AVR.DD durchgehend habe anwenden dürfe.
Die Dienststellenleitung hat beantragt,
festzustellen, dass der Mitarbeitervertretung kein Recht zur Verweigerung der Zu-stimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Liste, die in der Anlage einzeln aufgeführt sind, in die AVR.DD zusteht.
Die Mitarbeitervertretung hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass durch den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schieds-kommission vom 31. Januar 2017 erst ab diesem Zeitpunkt die Anwendung der AVR.DD zu-lässig sei. Alle seit dem 9. Juni 2015 und vor dem 31. Januar 2017 eingestellten Beschäftigten seien in den BAT-KF eingruppiert.
Das Kirchengericht hat dem Antrag der Dienststellenleitung mit Beschluss vom 7. Juni 2017 stattgegeben. Gegen diesen Beschluss, der der Mitarbeitervertretung am 20. Juni 2017 zuge-stellt wurde, hat diese mit Schriftsatz vom 19. Juli 2017, beim Kirchengerichtshof eingegan-gen am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Mit einem Schriftsatz, der am Montag, dem 21. Juli 2017, beim Kirchengerichtshof einging, hat die Mitarbeitervertretung die Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 20. September 2017 beantragt. Nach antrags-gemäßer Verlängerung der Frist ist die Beschwerdebegründung vom 20. September 2017 am selben Tag beim Kirchengerichtshof eingegangen.
Die Mitarbeitervertretung meint, dass die Dienststellenleitung nicht berechtigt gewesen sei, die AVR.DD anzuwenden, nachdem sie den Antrag am 8. Juni 2015 zurückgenommen hätte. Sie sei bis dahin aufgrund befristet erteilter bzw. verlängerter Genehmigungen der ARK-RWL zur Anwendung der AVR.DD berechtigt gewesen. Nach § 3 Abs 3 ARRG der Ev. Kirche von Westfalen bestehe das Recht zur Anwendung der AVR.DD nur, wenn die Arbeitsrechtliche Kommission oder die arbeitsrechtliche Schiedskommission zugestimmt habe. Solche Zu-stimmung liege für den Zeitraum vom 9. Juni 2015 bis 31. Januar 2017 nicht vor. Deshalb habe die Mitarbeitervertretung den Anträgen auf Eingruppierung nach den AVR.DD zu Recht die Zustimmung verweigert.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Beschluss der Schlichtungsstelle Münster vom 7. Juni 2017 – Az. 2 M 63/15 – ab-zuändern und den Antrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, durchgehend zur Anwendung der AVR.DD berechtigt gewesen zu sein, und ver-weist auf die Arbeitsrechtsregelung der Arbeitsrechtlichen Kommission RWL vom 18. März 2015, nach der unter anderem die Stiftung A mit dem Stiftungsbereich B die AVR.DD über den 31. März 2015 hinaus anwendet. Ihr Antrag werde auf die aktuell noch ohne Zustimmung zur Eingruppierung beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß der dem Schriftsatz vom 13. Februar 2018 in Anlage 1 beigefügten Liste beschränkt.
II. Das Verfahren ist hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht mehr auf der Liste in Anlage 1 zur Beschwerdeerwiderung verzeichnet sind, aufgrund übereinstimmen-der Erledigungserklärung beider Beteiligter einzustellen. Die Beschwerde ist im Übrigen zuläs-sig, aber unbegründet.
1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 63 Abs. 1 MVG-EKD statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kirchengerichtshof der EKD hat sie zur Ent-scheidung angenommen.
2) Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag der Dienststellenleitung zulässig und be-gründet ist.
a) Der Antrag ist zulässig. Die Dienststellenleitung bedarf der kirchengerichtlichen Entschei-dung, weil die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zu den Eingruppierungen der in der Liste genannten Beschäftigten verweigert hat. Die Frist des § 38 Abs. 4 MVG-EKD braucht bei Ein-gruppierungen nicht eingehalten zu werden (KGH, Beschluss vom 8. August 2005, I-0124/L22-05).
b) Der Antrag ist begründet. Die Mitarbeitervertretung hat die Zustimmung nur mit der Begrün-dung verweigert, dass die AVR.DD nicht angewendet werden dürften. Dieser Zustimmungs-verweigerungsgrund liegt nicht vor. Die Dienststellenleitung war aufgrund der Arbeitsrechtrege-lung der Arbeitsrechtlichen Kommission RWL vom 18. März 2015 (ARRDiaDeu-9 1670-9) be-rechtigt, die AVR.DD auch im Zeitraum vom 9. Juni 2015 bis zum 31. Januar 2017 anzuwen-den. Diese Arbeitsrechtsregelung galt ausdrücklich auch für den Stiftungsbereich B. Sie ist am 1. April 2015 in Kraft getreten und hatte durchgehend im Zeitraum vom 9. Juni 2015 bis 31. Januar 2017 Wirkung. § 2 Abs. 2 der Arbeitsrechtsregelung sieht vor, dass sie mit der Be-schlussfassung der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission zu den in der Anlage zu der Arbeits-rechtsregelung genannten Einrichtungen außer Kraft tritt. Zu einer solchen Beschlussfassung kam es nicht vor dem 31. Januar 2017. Ein anderer Grund für ein Außerkrafttreten der Arbeits-rechtsregelung ist in ihrem Wortlaut nicht vorgesehen. Die Rücknahme des Antrags auf An-wendung der AVR.DD in der Sitzung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 8. Juni 2015 hat kein Außerkrafttreten der Arbeitsrechtsregelung bewirkt. Ein solches Außerkrafttreten wäre allenfalls für den Fall zu erwägen, dass der Antrag zurückgenommen worden wäre, weil die Geltung der AVR.DD endgültig nicht mehr gewollt gewesen wäre. Damit wäre ersichtlich eine Grundlage für die Arbeitsrechtsregelung vom 18. März 2015 entfallen, weil es dann auch end-gültig nicht mehr zu einer Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission im Sinne von § 2 Abs. 2 der Arbeitsrechtsregelung hätte kommen können. Eine derartige endgültige An-tragsrücknahme lag aber nicht vor. Vielmehr sollte der Antrag mit gleichem Inhalt nur auf eine neue Grundlage gestellt werden, um eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag zu ermögli-chen. Eine derartige Antragsrücknahme hält sich im Rahmen des von der Arbeitsrechtsrege-lung ersichtlich verfolgten Zwecks, eine Übergangsregelung bis zur Entscheidung der Arbeits-rechtlichen Schiedskommission zu schaffen. Die Erforderlichkeit einer Übergangsregelung entfällt nicht deshalb, weil ein Antrag auf Anwendung der AVR.DD aus formellen Gründen zu-rückgenommen und alsbald auf veränderter Grundlage neu gestellt wird. Es bleibt deshalb bei der von der Arbeitsrechtsregelung angeordneten Geltung bis zur Entscheidung der Arbeits-rechtlichen Schiedskommission.
Der Hinweis auf die Arbeitsrechtsregelung vom 18. März 2015 im Schriftsatz der Dienststellen-leitung vom 13. Februar 2018 war kein neuer Sachvortrag, zu dem der Mitarbeitervertretung eine Nachfrist zur Stellungnahme einzuräumen gewesen wäre. Es handelt sich vielmehr um einen Hinweis auf in der Dienststelle geltendes Recht, das nicht Gegenstand des Tatsachen-vorbringens ist. Dieses Recht kann aus allgemein zugänglichen Quellen, etwa auf der Kirchen-rechtseite der Ev. Kirche von Westfalen im Internet, abgerufen werden.
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Abs. 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Abs. 1 KiGG.EKD).