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Kirchengericht: | Verwaltungssenat bei dem Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 23.01.2012 |
Aktenzeichen: | 0135/17-2011 (vormals VGH 22/10) |
Rechtsgrundlage: | § 18 KBG, § 46 VwGG.UEK |
Vorinstanzen: | Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen VK 10/09 |
Schlagworte: | Kirchenbeamter, Missbilligung, Studienrat im Kirchendienst, missbilligende Äußerung |
Leitsatz:
Der Erlass einer Missbilligung stellt eine Ermessensentscheidung dar, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.
Tenor:
Das Urteil der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 16. April 2010 wird geändert:
Die Missbilligung durch das Landeskirchenamt Bielefeld vom 2. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung der Beklagten vom 28. Mai 2009 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens.
Gründe:
I. Der Kläger wendet sich gegen eine ihm von der Beklagten erteilte schriftliche Missbilligung seines Verhaltens in einer Unterrichtsstunde.
Der Kläger ist Studienrat im Kirchendienst der Beklagten und war im streitbefangenen Zeitraum an der Schule D als Lehrer in den Fächern Mathematik und Physik eingesetzt. Ein Schüler fertigte über den Verlauf der vom Kläger in der Klasse am 20. Juni 2008 erteilten Physikstunde einen schriftlichen, von ihm unterzeichneten Vermerk. Darin ist ausgeführt, dass der Kläger in dieser Unterrichtsstunde im Rahmen einer Notendiskussion mit einem Bericht begonnen habe,
"in welchem er sich als Mobbingopfer unseres ehemaligen Schulleiters und nun Schuldezernenten, Herrn E, sah. Herr A schilderte, wie er vor knapp zehn Jahren die Abiturabschlussfeiern dreier Schulen in einem Artikel miteinander vergleichen sollte. Hierbei schnitt die Schule D äußerst schlecht ab und dies verletzte Herrn E sehr, da sich dieser auch aus persönlichen Gründen und negativen Erfahrungen in der eigenen Schulzeit für die Schule D in besonderem Maße verantwortlich fühlte. In den Augen von Herrn E war Herr A der mit Abstand schlechteste Lehrer und auf Grund des Artikels über die Abiturabschlussfeier organisierte und unterstützte der jetzige Dezernent etliche Elterninitiativen gegen Herrn A. Dieser merkte nun zunehmend, dass versucht wurde, ihn als Lehrer kategorisch fertig zu machen. Aus diesem Grunde suchte er 1999 das Gespräch mit Herrn E und bot diesem an, die Schule innerhalb der evangelischen Landeskirche zu wechseln. Dies stand für den Schulleiter jedoch zu keiner Zeit zur Debatte, da er Herrn A mit einer kurzen Bemerkung sehr deutlich machte, dass er quasi zur Strafe auch noch die nächsten Jahre den Elterninitiativen und dem geplanten Mobbing ausgesetzt sein sollte… Einige Gedächtniszitate von Herrn A: Und das sage ich euch: 1998 fing alles an! Euer Schuldezernent - ich will den Namen nicht zum dritten Mal nennen - ist für alles das verantwortlich, was hier mit mir passiert! Mobbing von ganz oben!"
Der Schüler übergab seinen Vermerk der Schulleitung, die ihn an die Beklagte weiterleitete. Diese übersandte dem Kläger eine hinsichtlich des Verfassers anonymisierte Abschrift des Vermerks und wies den Kläger darauf hin, dass die geschilderten Äußerungen ggf. eine Dienstpflichtverletzung des Klägers darstellten. Der Kläger teilte dazu mit, dass er sich zu anonymen Anschuldigungen nicht äußern werde. Die Schulleiterin befragte sodann am 20. August 2008 zusammen mit der Vorsitzenden der Klassenpflegschaft die Klasse zum Verlauf der erwähnten Physikstunde und zur vorliegenden Schilderung im Vermerk des Schülers. Nach dem darüber gefertigten Protokoll bestätigten die Schülerinnen und Schüler der Klasse den Tatsachengehalt des Vermerks mit einer Ausnahme, dass nämlich die Äußerung des Klägers, Herr E habe "quasi zur Strafe" eine Versetzung abgelehnt, so wörtlich nicht gefallen sei. Die Schülerinnen und Schüler ergänzten laut Protokoll, dass der Kläger außerdem noch berichtet habe, Herr E habe dazu aufgerufen, dass sich Eltern gegen ihn wenden, und die Schüler stünden unter dem Einfluss des Dezernenten.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine ausdrückliche Missbilligung seines Verhaltens in der erwähnten Physikstunde aus. Nach dem Protokoll über die Befragung der Klasse stehe fest, dass er, der Kläger, in der Physikstunde die in der Schilderung des Schülerberichts behaupteten Äußerungen gegen Herrn E so getätigt habe, mit Ausnahme der behaupteten Zusatzäußerung, Herr E habe "quasi zur Strafe" eine Versetzung des Klägers abgelehnt. Der Kläger habe durch seine unwahren Behauptungen die ihm nach § 18 des Kirchenbeamtengesetzes der EKD (KBG.EKD) obliegenden allgemeinen Dienstpflichten verletzt und sich gegenüber Herrn E ggf. auch in strafrechtlich relevanter Weise (§§ 186, 187 StGB) verhalten. Wegen seiner derzeitigen beruflichen Situation im Rahmen einer Abordnung an eine andere Schule mit dem Ziel, einen pädagogischen Neuanfang zu versuchen, werde auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verzichtet. Den gegen die Missbilligung erhobenen Widerspruch des Klägers hat die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2009 unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheids zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Missbilligung und die Entfernung und/oder Vernichtung bzw. Löschung der Missbilligung und aller damit zusammenhängenden Unterlagen begehrt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine Personalakte sei unvollständig, weil das Original der Schülerbeschwerde fehle und ihm insoweit zu Unrecht die Akteneinsicht verweigert werde. Es existiere jedoch noch eine weitere Schilderung vom 6. August 2008 des angeblichen Vorfalls aufgrund der "Befragung eines - anderen (?) - Schülers". In dieser vom Kläger in Kopie vorgelegten - von der Schulleiterin unterzeichneten - Schilderung ist u. a. ausgeführt:
"Ein Schüler hat eine 3 in Physik bekommen, dies war für alle Schülerinnen und Schüler nicht einsehbar, ...Herr A (hat) davon erzählt, dass sich die Schule seit Jahren zusammen mit den Eltern gegen ihn verschworen hat. Der Konflikt begann mit Herrn E, als Herr A einen Beitrag über unsere Schule in der Zeitung veröffentlichte (ca. 1998), in dem Herr A sich "unbewusst negativ" über die Schule ausgedrückt hat. Dieser Artikel hat Herrn E nicht gefallen, weil er besonders pingelig sei, seitdem besteht der Konflikt. Eigentlich wollte Herr A im Anschluss an den Konflikt die Schule verlassen, aber Herr E hat etwas dagegen gehabt. Jetzt wollen ihn Schule, Eltern und Schüler von der Schule haben, aber er lässt sich das nicht gefallen, er wird an der Schule bleiben. Die Klasse war sehr verwundert, dass Herr A solche "unnormalen Äußerungen" machte."
Der Kläger hat weiter vorgetragen, eine namentliche Nennung des Schuldezernenten in Bezug auf den Begriff Mobbing habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Die Verwaltungskammer hat die Klage durch Urteil vom 16. April 2010 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die nach beamtenrechtlichen Regeln zu beurteilende Missbilligung sei als Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfbar. Die Beklagte sei rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers nicht mit seinen Pflichten aus § 18 KBG.EKD in Einklang stehe. Sie habe aufgrund des ihr zugeleiteten Vermerks jedenfalls nach der Befragung der gesamten Klasse und des der Beklagten darüber zugeleiteten Protokolls vom 20. August 2008 als feststehend ansehen können, dass die im Vermerk in der Fassung dieses Protokolls festgehaltenen Ausführungen vom Kläger, so wie in den beiden Schriftstücken ausgeführt, gemacht worden seien.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die nicht vollständige Gewährung von Einsicht in die Personalakte verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Weiter bestünden Zweifel an der Echtheit des Vermerks ohne Datum. Aufgrund dieser Mängel könne nicht von einer Verifizierung der Vorwürfe ausgegangen werden. Darüber hinaus verwiesen die Beklagte und auch die Verwaltungskammer nur pauschal auf die herangezogenen Vorschriften. Es fehle an der erforderlichen konkreten Subsumtion.
Der Kläger beantragt,
das Urteil der Verwaltungskammer der Ev. Kirche von Westfalen vom 16. April 2010 zu ändern und die Missbilligung durch das Landeskirchenamt Bielefeld vom 2. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Kirchenleitung der Beklagten vom 28. Mai 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil der Verwaltungskammer beruht auf einem Verstoß gegen die für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätze und verletzt damit § 46 VwGG.UEK, der gemäß § 66 Abs. 1 des Kirchengesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD) vom 10. November 2010 hier noch Anwendung findet.
Gegenstand der Revision ist das erstinstanzliche Urteil, soweit damit die Klage gegen die von der Beklagten ausgesprochene Missbilligung vom 2. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2009 abgewiesen wurde. Nicht vom Revisionsbegehren umfasst, ist hingegen die Abweisung des erstinstanzlichen Antrags, alle damit zusammenhängenden oder darauf Bezug nehmenden Unterlagen aus der Personalakte zu entfernen und/oder zu vernichten bzw. zu löschen.
Wie die Verwaltungskammer zutreffend angenommen hat, ist gegen die angegriffene Missbilligung der Rechtsweg zu den kirchlichen Verwaltungsgerichten eröffnet (vgl. auch § 10 Satz 2 des Disziplinargesetzes der EKD vom 28. Oktober 2009, dem zufolge missbilligende Äußerungen im Rahmen der Dienstaufsicht keine Disziplinarmaßnahmen sind; vgl. ferner § 6 Satz 2 BDG). Die angegriffene Missbilligung ist nach beamtenrechtlichen Regeln zu beurteilen. Ermächtigungsgrundlage ist die einem Vorgesetzten allgemein beamtenrechtlich kraft des hierarchischen Prinzips zukommende Leitungs-, Aufsichts- und Weisungsbefugnis. Die Missbilligung ist als gemilderter Tadel eines der Ordnung zuwiderlaufenden Verhaltens zu verstehen, das spezial- und/oder generalpräventiven Zwecken dient. Danach handelt es sich um ein außerdisziplinarrechtliches Mittel, das Dienstvorgesetzte besitzen, um auf ein dienstlich zu beanstandendes, nicht notwendig schon ein Dienstvergehen darstellendes Verhalten angemessen reagieren zu können.
Der Erlass einer Missbilligung stellt eine Ermessensentscheidung dar, die nach § 46 VwGG.UEK gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Eine Ermessensentscheidung ist danach u.a. dann rechtswidrig, wenn von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Dies ist auch der Fall, wenn von unzutreffenden, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen wurde (vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 114 Rn. 12 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angegriffene Missbilligung entgegen der Ansicht der Verwaltungskammer rechtswidrig. Diese hat nicht berücksichtigt, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht in der rechtlich gebotenen Weise betätigt hat, da sie den von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt nur unvollständig ermittelt und vorliegende Tatsachen nicht in ihre Prüfung einbezogen hat.
Zunächst ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - von einem namentlich nicht genannten Schüler der Schulleiterin und ihrem ständigen Vertreter am 6. August 2008 mitgeteilte Darstellung der Äußerungen des Klägers in der Physikstunde vom 20. Juni 2008 berücksichtigt hat (vgl. Akte des erstinstanzlichen Verfahrens Bl. 88). Das Protokoll dieser Äußerung ist von der Schulleiterin am 6. August 2008 unterzeichnet worden. Es musste der Beklagten bekannt sein. Bei der Schülerbefragung am 20. August 2008 wurden allerdings die Schüler - was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist - nur nach dem Tatsachengehalt des anderen Schülerberichts über die erwähnte Physikstunde befragt (vgl. erstinstanzl. Urteil S. 8 f.). Nicht Gegenstand der Schülerbefragung war die erwähnte Darstellung vom 6. August 2008, der zufolge der Kläger Äußerungen und Verhalten von Herrn E ihm gegenüber wesentlich zurückhaltender geschildert hat und in der von Mobbing nicht die Rede ist. Sachliche Gründe für dieses selektive Vorgehen der Beklagten, das der Bevollmächtigte des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren gerügt hat (Verfahrensakte Bl. 83), konnte die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht angeben. Sie sind auch nicht ersichtlich. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die beiden Berichte von unterschiedlichen Schülern stammen, wofür Einiges spricht.
Die Nichtberücksichtigung vorliegenden Tatsachenmaterials ist auch für die behördliche Entscheidung erheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die am 20. August 2008 befragten Schüler bei Berücksichtigung der Schüleräußerung vom 6. August 2008 in anderer Weise Stellung genommen hätten und die Beklagte - auch unabhängig von dieser Stellungnahme - bei Berücksichtigung der Äußerung vom 6. August 2008 ihr Ermessen anders betätigt hätte. Soweit die Verwaltungskammer in dem angegriffenen Urteil (S. 9) ausführt, die Voraussetzungen für die streitige Missbilligung seien (auch) auf Grund der Schüleräußerung vom 6. August 2008 gegeben, ersetzt sie damit die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene. Damit verkennt sie die Grenzen gerichtlicher Ermessensüberprüfung.
Aber auch unabhängig hiervon hält die streitbefangene Missbilligung der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Die von der Beklagten gegen dem Kläger erhobenen Vorwürfe erstrecken sich über angebliche Tatsachenbehauptungen hinaus auch auf Werturteile, die er geäußert habe. Ihm wird nämlich seine angebliche Äußerung in der Physikstunde vom 20. Juni 2008, er werde von Herrn E "ungerecht behandelt", vorgehalten (Widerspruchsbescheid S. 3); auch ist im Folgenden außer von "Behauptungen" auch von "Vorwürfen" die Rede, die "unwahr" sein sollen. Insofern verkennt die Beklagte, dass Werturteile regelmäßig keinem Wahrheitsbeweis zugänglich sind. Auch wenn im weiteren Text nur noch von der Behauptung unwahrer Tatsachen die Rede ist, ist die angegriffene Missbilligung auch aus diesem Grund rechtsfehlerhaft.
Selbst wenn man allein auf die in der Missbilligung dem Kläger vorgehaltenen (Tatsachen-) Behauptungen "über ein jahrelanges Mobbing durch den Schulleiter bzw. Dezernenten" abstellt, wird von der Beklagten nicht einmal ansatzweise geprüft und belegt, inwiefern diese Behauptungen unwahr sein sollen. Auch insoweit hätte es weiterer Ermittlungen bedurft. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als die Beklagte in der Missbilligung dem Kläger nicht nur entgegenhält, er habe gegen § 18 KBG.EKD verstoßen, sondern unter Anlegung der gleichen rechtlichen Maßstäbe auch den schwer wiegenden Vorwurf erhebt, er habe sich mit den angeblichen unwahren Tatsachenbehauptungen "ggf. in strafrechtlich relevanter Weise (§§ 186, 187 StGB)" verhalten. Der mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bewehrte Straftatbestand des § 187 StGB setzt eine Tatsachenbehauptung oder -verbreitung "wider besseres Wissen" voraus, was von der Beklagten nicht wie erforderlich im Einzelnen belegt worden ist. Notwendig ist sichere Kenntnis von der Unwahrheit der Tatsache (vgl. BayOLG, JZ 1989, 700). Bedingter Vorsatz genügt insoweit nicht. Auch dieser Mangel ist erheblich, da die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung eine Gesamtbetrachtung vorgenommen hat und - wenn auch fehlerhaft - von einheitlichen rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist. Aus dem Umstand, dass die Beklagte den Vorwurf strafrechtlich relevanten Verhaltens mit dem Zusatz "ggf." versehen hat, folgt nichts Abweichendes, da die Beklagte dem Kläger - wie bereits ausgeführt - uneingeschränkt unwahre "Behauptungen und Vorwürfe" sowie die Behauptung unwahrer Tatsachen vorhält. Unabhängig davon ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte ihr Ermessen in anderer Weise betätigt hätte, wenn sie erkannt hätte, dass das behauptete Verhalten möglicherweise nicht - wie angenommen - strafrechtlich relevant war.
Im Übrigen hätte sich die Beklagte im Rahmen der Prüfung des Vorsatzes auch damit auseinandersetzen müssen, dass die frühere Klasse bei der Schülerbefragung vom 20. August 2008 geäußert hat, der Kläger habe Herrn E nicht beleidigen wollen. Darüber hinaus hätte die Bedeutung des angeblich vom Kläger verwendeten - in seinen tatsächlichen und rechtlichen Konturen nicht eindeutigen - Begriffs "Mobbing" bezogen auf die in Rede stehende Situation geklärt werden müssen (vgl. etwa zu einer "tatsächlichen oder als solcher empfundenen Mobbingsituation" und hierdurch bedingten psychischen oder physischen Erkrankungen BGH, Urteil vom 9. März 2011 - IV ZR 52/08 - ZfSch 2011, 343).
Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass bei der Ermessensausübung auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu beachten ist (vgl. Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, § 38 Rn. 28). Ausfluss der Fürsorgepflicht ist u.a. das Gebot, den Beamten fair zu behandeln (Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 78 Rn. 9). Damit ist es nicht vereinbar, in einer schriftlichen Missbilligung die Möglichkeit in den Raum zu stellen, der Beamte könne sich strafbar gemacht haben, und ihn gegenüber jedem, der berechtigterweise in die Personalakte Einsicht nimmt, als potentiellen Straftäter zu kennzeichnen.
Da die angegriffene Missbilligung aus den dargelegten Gründen rechtswidrig ist und von der Verwaltungskammer zu Unrecht nicht aufgehoben wurde, kann die erstinstanzliche Entscheidung nicht Bestand haben. Es kommt dann auf die weiteren Rügen der Revision nicht an, insbesondere diejenige, die Beklagte habe zu Unrecht die Namen der Schüler, die die beiden erwähnten Vermerke verfasst haben, nicht dem Kläger bekannt gegeben oder ihm nicht den Originalvermerk mit dem Namen und der Unterschrift des Schülers zur Einsicht zur Verfügung gestellt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 1 VwGG.UEK. Die am Tag der mündlichen Verhandlung verkündete Entscheidung, dass die Beklagte (nur) die Kosten des Revisionsverfahrens trägt, war wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 71 VwGG.UEK i.V.m. § 118 Abs. 1 VwGO von Amts wegen zu berichtigen.
B e s c h l u s s :
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,- € festgesetzt.