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Geltungszeitraum von: 01.02.2019

Geltungszeitraum bis: 30.04.2021

Visitationsordnung
für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr

Vom 21. Januar 2019

(VOBl des Ev. Militärbischofs A1/2019)

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1. Grundsätze und Ziele der Visitation

Niemand kann für sich allein Christin oder Christ sein. Christinnen und Christen brauchen den Austausch mit anderen. Sie sind angewiesen auf Hilfe und Vergewisserung und benötigen auch das kritische Gespräch (vgl. 1. Kor. 12,4 - 26; Röm. 1,11 f.; Apg. 14,21 ff.). Dies gilt insbesondere für die hauptamtlich in der Kirche Handelnden.
Dieses Miteinander in der Kirche hat seit alter Zeit in der Visitation Ausdruck gefunden. Sie ist heute geschwisterlicher Besuchsdienst und geschieht in der Einheit von theologischen, seelsorglichen und rechtlichen Gesichtspunkten. In der Militärseelsorge wirken Kirche und Staat zusammen, um Angehörigen der Bundeswehr die Ausübung ihres Glaubens und ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit zu ermöglichen. Instrumente staatlicher Aufsicht können in diesem Horizont mit kirchlich-geschwisterlichem Besuchshandeln verknüpft werden. So können Visitationen, ohne beides miteinander zu vermischen, mit Standortbesuchen aus Anlass von Fachaufsichtsprüfungen verbunden sein.
Bei der Visitation wird gemeinsam nach der auftragsgemäßen, gegenwartsbezogenen und den anvertrauten Menschen zugewandten Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat in allen Handlungsfeldern der Militärseelsorge – Gottesdienst, Seelsorge und Unterricht – gefragt.
Ziel der Visitation ist es, die in der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Erfüllung ihres Auftrages in Zeugnis und Dienst zu unterstützen, Konzeptionen für die Arbeit zu überlegen, Gemeinschaft zu stärken und zur Selbstprüfung anzuregen. Die Visitation ermutigt zur Wahrnehmung der Verantwortung füreinander und zur erforderlichen Fürsorge.
Sie ermutigt zur Weiterführung des ökumenischen Gesprächs, zu diakonischem Handeln, zur Beteiligung an missionarischen Aktivitäten und zur Wahrnehmung der Mitverantwortung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
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2. Visitierte und Visitierende

Visitiert werden
  • die personalen Seelsorgebereiche und Militärkirchengemeinden mit den zuständigen Evangelischen Militärpfarrämtern sowie
  • die Evangelischen Militärdekanate.
Gemäß Artikel 12 Absatz 1 Nr. 7 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Regelung der evangelischen Militärseelsorge (Militärseelsorgevertrag) ist die Militärbischöfin bzw. der Militärbischof für die Visitation zuständig.
Sie bzw. er führt die Visitation entweder selbst durch oder beauftragt die Militärgeneraldekanin bzw. den Militärgeneraldekan, wenn diese bzw. dieser ordinierte Theologin bzw. ordinierter Theologe ist, oder die Leiterin bzw. den Leiter des zuständigen Evangelischen Militärdekanates mit der Visitation.
Die örtlich zuständigen Landeskirchen oder ihre Untergliederungen sind bei Militärkirchengemeinden stets, bei personalen Seelsorgebereichen immer dann einzubeziehen, wenn dies im landeskirchlichen Ausführungsgesetz zum Militärseelsorgevertrag oder in der jeweiligen Vereinbarung über die Bildung eines personalen Seelsorgebereichs vorgesehen ist.
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3. Gegenstand der Visitation

Die Visitation umfasst in der Regel alle Handlungsfelder der Militärgeistlichen. Sie nimmt Einblick in
  • Gottesdienst,
  • seelsorgliche Dienste,
  • Rüstzeiten,
  • Amtshandlungen,
  • Unterrichte und
  • die verschiedenen Formen, in denen Gemeindearbeit1# stattfindet.
Der Anteil der Pfarrhelferin bzw. des Pfarrhelfers an Verkündigung und Seelsorge soll wertschätzend wahrgenommen werden.
Je nach Situation (z.B. im Fall der Verbindung mit einer Maßnahme staatlicher Aufsicht wie der Fachaufsichtsprüfung) und zeitlichen Möglichkeiten (z.B. bei Gestaltung eines Standortbesuchs) soll es Begegnungen mit Standortältesten /Kommandeurinnen bzw. Kommandeuren, verschiedenen Gruppen aus dem personalen Seelsorgebereich bzw. der Militärkirchengemeinde sowie mit ökumenischen Partnern geben. Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Lebens am Standort sowie mit den jeweils zuständigen landeskirchlichen Repräsentantinnen und Repräsentanten können ebenfalls ins Programm der Visitation einbezogen werden. Im Rahmen der Visitation findet ein Besuch bei den entsprechenden militärischen Verantwortlichen statt.
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4. Visitation der personalen Seelsorgebereiche und Militärkirchengemeinden
4.1 Turnus

Jeder personale Seelsorgebereich bzw. jede Militärkirchengemeinde soll in der Regel alle acht Jahre visitiert werden. Spätestens im zehnten Jahr hat eine Visitation stattzufinden.
Unabhängig von der turnusmäßigen Visitation kann eine außerplanmäßige Visitation auf Veranlassung der bzw. des Visitierenden oder auf Wunsch der Leiterin bzw. des Leiters eines Evangelischen Militärpfarramtes oder eines Evangelischen Militärdekanates stattfinden.
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4.2 Visitationsplan

Der Bischofskonvent erstellt bis zum 30. Juni eines jeden Jahres einen Visitationsplan für das Folgejahr und gibt diesen über das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr und die Evangelischen Militärdekanate unverzüglich den Evangelischen Militärpfarrämtern bekannt.
Grundsätzlich sind für eine Visitation drei, in Ausnahmefällen höchstens fünf Tage vorzusehen. Falls Instrumente staatlicher Fachaufsicht mit der Visitation verbunden werden können, sind diese mit einzubeziehen. Der genaue Visitationstermin wird sechs Monate vor Beginn der Visitation in Absprache mit den zuständigen Evangelischen Militärpfarrämtern festgelegt.
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4.3 Vorbereitung

Zur Vorbereitung der Visitation legt die Leiterin bzw. der Leiter des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes der bzw. dem Visitierenden spätestens acht Wochen vor der Visitation einen Bericht vor, in dem alle Arbeitsfelder vorgestellt werden und auf besondere Entwicklungen oder Herausforderungen im personalen Seelsorgebereich hingewiesen wird (Vorbereitungsbericht).
Dem Vorbereitungsbericht fügt die Leiterin bzw. der Leiter des zuständigen Evangelischen Militärdekanates eine Einschätzung hinzu. Die Einschätzung enthält Angaben über den Stand, die Entwicklung und etwaige Problemanzeigen in der Arbeit am Standort sowie die Erwartungen, die mit der Visitation verbunden werden.
Vor Übermittlung an die bzw. den Visitierenden ist die Einschätzung der Leiterin bzw. dem Leiter des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes bekannt zu machen; ihr bzw. ihm ist in ausreichendem Zeitrahmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Wird die Visitation nicht durch die Militärbischöfin bzw. den Militärbischof selbst durchgeführt, so sind ihr bzw. ihm der Bericht und die zugehörige Einschätzung vor dem Visitationstermin nachrichtlich zuzuleiten.
Der bzw. die Visitierende legt in Absprache mit der Leiterin bzw. dem Leiter des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes sowie des zuständigen Evangelischen Militärdekanates das Programm für den Ablauf der Visitation fest.
Das zuständige Evangelische Militärpfarramt plant bis zum 30. November des Jahres vor der Visitation mit der bzw. dem Standortältesten und den Mitgliedern des personalen Seelsorgebereiches bzw. der Militärkirchengemeinde die Visitation, gibt diese und die damit zusammenhängenden Veranstaltungen unter Hinweis auf die Beteiligungsmöglichkeiten rechtzeitig bekannt und lädt zu den Visitationsgottesdiensten und anderen gemeinsamen Veranstaltungen (z.B. Gemeindeversammlung) ein. Dabei sind die Mitglieder des personalen Seelsorgebereiches bzw. der Militärkirchengemeinde darauf hinzuweisen, dass sie die Möglichkeit haben, persönliche Erfahrungen und Anregungen schriftlich oder mündlich dem zuständigen Evangelischen Militärdekanat zu unterbreiten.
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4.4 Durchführung

Während der Visitation findet ein Gottesdienst, vorzugsweise der reguläre Standortgottesdienst, statt, in dem der Leiter bzw. die Leiterin des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes die Predigt hält. Die bzw. der Visitierende spricht ein Grußwort.
Es findet ein Abschlussgespräch zwischen der bzw. dem Visitierenden, der Leiterin bzw. dem Leiter des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes sowie – wenn am Standort gebildet – dem Beirat statt. Ergänzend können weitere Vertreterinnen oder Vertreter der Mitglieder des personalen Seelsorgebereiches dazu gebeten werden.
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4.5 Abschluss, Auswertung und Ergebnissicherung

Nach Abschluss der Visitation erstellt die bzw. der Visitierende einen Abschlussbericht und stellt diesen spätestens zwei Monate nach Abschluss der Visitation dem zuständigen Evangelischen Militärpfarramt zu. Hat die Militärbischöfin bzw. der Militärbischof die Visitation nicht selbst durchgeführt, ist ihr bzw. ihm der Abschlussbericht nachrichtlich zur Kenntnis zu geben.
Der Abschlussbericht wird im Kreis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und – wenn am Standort gebildet – im Beirat ausführlich beraten. Innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Visitation bespricht die bzw. der Visitierende mit der Leiterin bzw. dem Leiter des zuständigen Evangelischen Militärpfarramtes den Nachklang der Visitation.
Über die weitere Verwendung der Berichte und Protokolle befindet die Militärbischöfin bzw. der Militärbischof.
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4.6 Organisation und Protokoll

Die Persönliche Referentin bzw. der Persönliche Referent der Militärbischöfin bzw. des Militärbischofs übernimmt die mit der Visitation verbundenen organisatorischen und protokollarischen Aufgaben. Sie bzw. er wird dabei durch die Evangelischen Militärdekanate unterstützt.
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5. Visitation der Evangelischen Militärdekanate

Abschnitt 4 ist sinngemäß auf die Visitation der Evangelischen Militärdekanate anzuwenden.
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6. Landeskirchliche Visitationen

Das zuständige Evangelische Militärpfarramt hat eine landeskirchliche Visitation, die seinen personalen Seelsorgebereich berührt, dem zuständigen Evangelischen Militärdekanat anzuzeigen. Dieses unterrichtet die Militärbischöfin bzw. den Militärbischof davon. Nach Möglichkeit soll die Leiterin bzw. der Leiter des zuständigen Evangelischen Militärdekanates der landeskirchlichen Visitation im betreffenden personalen Seelsorgebereich beiwohnen.
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7. Übergangsregelung

Im ersten Kalenderjahr der Geltung dieser Visitationsordnung gilt Folgendes:
  • Abweichend von Abschnitt 4.2 Absatz 1 erstellt der Bischofskonvent einen Visitationsplan für das laufende Kalenderjahr.
  • Abweichend von Abschnitt 4.2 Absatz 2 wird der genaue Visitationstermin spätestens vier Monate vor Beginn der Visitation festgelegt.
  • Abweichend von Abschnitt 4.3 Absatz 6 plant das zuständige Evangelische Militärpfarramt unverzüglich nach Festlegung des genauen Visitationstermins mit der bzw. dem Standortältesten und den Mitgliedern des personalen Seelsorgebereiches bzw. der Militärkirchengemeinde die Visitation.
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8. In-Kraft-Treten; Evaluierung

Diese Visitationsordnung tritt am 1. Februar 2019 zur Erprobung in Kraft. Nach zwei Jahren wird sie evaluiert.
B e r l i n, den 21. Januar 2019
Der Evangelische Militärbischof
Dr. Sigurd R i n k

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1 ↑ Als Gemeindearbeit ist hier im Gegensatz zu landeskirchlich verfassten Gemeinden alle Arbeit der Militärseelsorge mit Menschen vor Ort bezeichnet, die auch unabhängig von Konfession oder Religion für alle Interessierten offen stattfindet.